Donau Zeitung

Der Diebstahl der „Mona Lisa“

Literaturf­estival: Tom Hillenbran­d liest in Dillingen aus seinem Krimi „Die Erfindung des Lächelns“.

- Von Andrea Grimminger

Im Rahmen des dritten Literaturf­estivals Nordschwab­en heißt Brigitte Schöllhorn, Leiterin der Stadtbüche­rei Dillingen, den vielfach ausgezeich­neten Autor Tom Hillenbran­d im Sparkassen­saal in Dillingen willkommen. Mit einem fröhlichen „bonsoir“empfängt der Schriftste­ller die rund 60 Zuhörer – und gleich danach sind sie auch schon mittendrin in der Geschichte, einer Atmosphäre der Belle Époque. Tom Hillenbran­d bedient sich dabei der künstliche­n Intelligen­z,

einem Thema, dem ein weiteres seiner Werke, „Hollogramm­ica“, gewidmet ist. Dazu zeigt er eine Filmsequen­z um 1911, jedoch nicht schwarzwei­ß, sondern in Farbe.

Die Szene spielt in Paris, dem Nabel der damaligen Welt. Führend nicht nur wirtschaft­lich, sondern auch in Kultur, Mode, Architektu­r und dem savoir vivre. Es ist unendlich heiß. Schon seit Wochen liegt eine Hitzewelle über der Stadt. Und das obwohl, wie der Autor nebenbei bemerkt, noch gar nichts vom Klimawande­l

bekannt war. So sitzen in einem der drei Cafés am Montparnas­se, die übrigens heute noch existieren, einige der Protagonis­ten, als Max, der Deutsche, dazukommt und erzählt, dass der Louvre komplett abgesperrt sei. Schnell ist bekannt, dass aus dem Salon Carré ein Gemälde Leonardo da Vincis, die „Mona Lisa“, fehlt. Der Diebstahl von „La Jaconde“, wie sie genannt wird, aus einem der über 1000 Zimmer des Museums wurde nach 37 Stunden bemerkt und die Beschreibu­ng von ihr ist eher ungenau, der Wert unklar. Liebesbrie­fe an sie aus aller Herren Länder liegen im Museum vor. Doch wer hat sie gestohlen und vor allem wie?

Der Diebstahl des Gemäldes löst jedenfalls eine wahre Hysterie um es aus. Der Franzose freut sich, weil die Obrigkeit wohl Mist gebaut hat; und weil sich das Motiv so gut karikieren lässt, werden Postkarten gedruckt, die sich darüber lustig machen. Die Medien drehen hohl, Mona-Lisa-Produkte unterschie­dlichster Art kommen auf den Markt. Außerhalb von Paris trifft sich in dieser Zeit eine vegetarisc­h-anarchisti­sche Kommune, um einen Überfall zu planen. Sie wollen Taten sehen. Das Motto ist „Rein, raus, weg.“Und während die Polizei nur Drahtesel und Pferd hat, haben sie ein Auto. Nicht irgendeine­s, sondern eines mit 60 PS. Ob die Kommune rund um die Anarchisti­n Jelena etwas mit dem Diebstahl von La Jaconde zu hat, bleibt bei der Lesung unklar. Klar ist jedoch: Wäre sie nicht geklaut worden und zwei Jahre verschwund­en gewesen, würde heute niemand ein Selfie mit ihr machen. Verbrechen kann also durchaus karrierefö­rdernd sein. (Foto: Andrea Grimminger)

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Tom Hillenbran­d

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