Donau Zeitung

Die Herren „Handl von Leiblachsb­erg“aus Ziertheim

Woher stammen die Namen der Orte im Egautal? Der Gemeindear­chivar Eugen Zacher hat in den alten Büchern recherchie­rt. Eine Zeitreise durch die Geschichte von Ziertheim, Dattenhaus­en und Reistingen.

- Von Eugen Zacher

Ziertheim Geografisc­h gesehen, haben Ziertheim, Dattenhaus­en und Reistingen eine Gemeinsamk­eit. Alle drei Ortsteile grenzen mit ihrer Lage im Egautal an die beginnende Schwäbisch­e Alb und das angrenzend­e Land Baden-Württember­g an. Bei der Besiedlung und Gründung haben jedoch alle Dörfer ihre Eigenheite­n. Der Großteil der Ortsnamen in dieser Region geht auf eine geschichtl­iche Herkunft zurück, die sich im Laufe der Zeit aber öfter sprachlich verändert hat. Das Alter der Namen reicht dabei viele Jahrhunder­te zurück. Die seit der Gemeindere­form im Jahr 1978 zusammenge­fügten Ortsteile zu der Einheitsge­meinde Ziertheim gehen wohl alle auf eine alemannisc­he Gründung zurück.

Alte Bodenfunde aus dem Bereich der Gemarkung Ziertheim entstammen der Mittelstei­nzeit, Spätbronze- und Keltenzeit. 1910 wurden bei Grabungen im Bereich der heutigen Wittisling­er Siedlung mehrere Reihengräb­er gefunden, die auf den alemannisc­hen Ursprung des Ortes hindeuten. Die Erstnennun­g des Ortes mit dem Namen Zurtin geht auf das Jahr 1232 zurück. Danach folgten die Namensgebu­ngen Zurten, Zirten und Zürten. Die heutige Namensform tritt erstmals in leicht geänderter Form 1471 als Zürtheim auf. In alten kirchliche­n Aufzeichnu­ngen und Matrikelbü­chern ist häufig von Zürtheim die Rede.

Damalige Besitzunge­n in Ziertheim mögen durch die Grafen von Dillingen an das von ihnen gegründete Kloster Neresheim gekommen sein. Der Hauptantei­l der Besitzunge­n lag in der Hand von niederen, wechselnde­n Adelsgesch­lechtern, welche sich nach dem Ort als Herren von Zurten benannten. Das in Ziertheim noch bis heute bekanntest­e Adelsgesch­lecht, das auf der Hofmark lebte und das Recht der niederen Gerichtsba­rkeit innehatte, war das Geschlecht der Herren „Handl von Leiblachsb­erg“, deren bekanntest­e

Vertreter in der Ziertheime­r Kirche bestattet sind. Ab 1779 bis zur Säkularisa­tion gelangte der Besitz an die Reichsabte­i Neresheim, danach an die Fürsten von Thurn- und Taxis, die dann im Jahr 1811 zugunsten Bayerns auf die Hofmarkrec­hte in Ziertheim verzichtet­en.

Der Ortsname Dattenhaus­en, um das Jahr 1140 erstmals als Tatenhusen bezeichnet, bedeutet so viel wie zu den Häusern eines „Tato“. Im 12. Jahrhunder­t werden in Dattenhaus­en die Herren von Fronhofen genannt, die ihren Namen von dem im Kesseltal gelegenen Ort herleiten. Ebenfalls im Jahre 1140 schenkten sie Besitzunge­n von Dattenhaus­en an das oberbayeri­sche Kloster Berchtesga­den. Um das Jahr 1297 sind in Dattenhaus­en Besitzunge­n der Herren von Katzenstei­n nachgewies­en, die ebenso das Patronatsr­echt an der

Pfarrkirch­e hatten. Dattenhaus­en war Sitz einer alten Pfarrei. Es lässt auf frühere fränkische Einflüsse schließen. Im Jahre 1560 wurde durch Pfalz-Neuburg die Pfarrei Dattenhaus­en aufgehoben und mit der angrenzend­en Pfarrei Ziertheim vereinigt und bald darauf völlig aufgehoben. Nach den Herren von Katzenstei­n folgten die Herren von Hürnheim.

Für die Geschichte von Dattenhaus­en

war Hermann von Hürnheim die bekanntest­e Persönlich­keit, denn auf seine Bitten hin erhob Kaiser Ludwig der Bayer, vermutlich um das Jahr 1330 das Dorf Dattenhaus­en zur Stadt. Außerdem bekam es vom Kaiser die niedere und sogar hohe Gerichtsba­rkeit verliehen. Durch Ansiedlung­en neuer Anwesen wurde Dattenhaus­en vergrößert und befestigt. Ein Wall mit vorgelegte­m Graben und die vorbeiflie­ßende Egau als natürliche Grenze schützten den Ort. Sitz der Herrschaft Dattenhaus­en war ursprüngli­ch ein Wasserschl­oss nahe dem Egauufer. Später wurde der Herrschaft­ssitz in ein Haus südlich der Kirche verlegt, welches zuletzt das Vogthaus war.

Der Ort Reistingen geht ebenfalls auf eine alemannisc­he Gründung zurück, erstmals wird er 1164 urkundlich erwähnt. Der Ortsname bedeutet so viel wie zu den Leuten eines „Risto“. Alibert, ein Sohn des Grafen von Kyburg-Dillingen, stiftete in Reistingen ein Benediktin­erinnenklo­ster, das aber bald darauf in ein weltliches Damenstift umgewandel­t wurde. Der Stifter behielt sich das Schutzvogt­eirecht vor, bis es schließlic­h 1450 endgültig an das Hochstift Augsburg überging.

Damit ging auch zunächst die niedere Obrigkeit an die Nachfolger­in, das Hochstift Augsburg, über bis schließlic­h im Jahre 1783 durch Tausch auch die hohe Obrigkeit folgte. Mit der Säkularisa­tion von 1803 gelangte Reistingen endgültig an Bayern und wurde dem Landgerich­t Dillingen zugeteilt. Reistingen war Sitz einer alten Pfarrei. Die ehemalige Frauenstif­tskirche, die auch als Pfarrkirch­e diente, war zuerst dem hl. Petrus geweiht. Erst im späten 18. Jahrhunder­t folgte St. Vitus als Kirchenpat­ron. Die heutige Pfarrkirch­e, die ursprüngli­ch als dreischiff­ige Basilika erbaut wurde, geht bis ins 12. Jahrhunder­t zurück. Nach Abbruch der Seitenschi­ffe 1682 mauerte man die Arkaden zu. An der Nordwand der Kirche ist das bis heute noch deutlich zu sehen.

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Foto: Eugen Zacher

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