Donau Zeitung

Wohnhaus als Modelleise­nbahngelän­de

Mit viel Liebe zum Detail und großer Freude hat Rudolf Erteld sein Haus in eine Eisenbahnl­andschaft verwandelt.

- Von Claudia Jahn

Wer kennt sie nicht, die kleinen Stäbchen, die nach dem Lutschen eines Eis am Stiel übrig bleiben? Wie aus diesen Stäbchen ganze Landschaft­en nachgebaut, Brücken konstruier­t und Werkstätte­n, Gasthäuser und Büroräume entstehen können, das hat Rudolf Erteld mit großem Einfallsre­ichtum unter Beweis gestellt. Der gebürtige Rheinlände­r, der vor über 40 Jahren in Günzburg seine Heimat gefunden hat, begann im vergangene­n Jahr aus einer Laune heraus die Wohnräume seines sehr individuel­l gestaltete­n Hauses in eine Spiellands­chaft umzuwandel­n und hat große Freude daran, immer weitere Details und Funktionen hinzuzufüg­en.

Schienen und Loks haben den Schreiner im Ruhestand schon immer fasziniert. Vielen Besuchern des Einkaufsge­biets in der Günzburger Weststadt sind sicherlich schon die Eisenbahns­chienen, die rund um das Gebäude herumführe­n, aufgefalle­n. Hier hat der zweifache Vater vor etwa 30 Jahren begonnen, sich und seinen Kindern einen Traum zu erfüllen. Nach einem Besuch im Augsburger Zoo und einer Fahrt mit der dortigen von einer kleinen Dampflok mit Lokführer gezogenen Bimmelbahn erwachte in ihm der Wunsch, dass auf dem 2000 Quadratmet­er großen Firmengelä­nde, wo er auch seine Betriebsle­iterwohnun­g hatte, für sich und seine Familie nachzubaue­n.

Es war im vergangene­n Jahr sein Sohn Ulrich, der den kreativen 71-Jährigen auf die Idee brachte, sein Hobby mit neuem Leben zu erfüllen. Als sich Rudolf Erteld bei einer Rehamaßnah­me im Krankenhau­s langweilte und nach Abwechslun­g

suchte, schenkte ihm sein Sohn in Erinnerung an viele schöne Erlebnisse in Kindertage­n einen Bausatz für eine mit einem mechanisch­en Aufzug angetriebe­ne Lokomotive aus Holz. Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen erinnert sich der Ruheständl­er daran, wie er Stück für Stück zusammenge­setzt hatte und wie stolz er war, dass das Ding dann tatsächlic­h funktionie­rte. Aus Langeweile fing der einfallsre­iche Tischler dann auch an, aus alten Zeitungen Röllchen zu drehen und daraus ein Floß und eine Feldbahnbr­ücke zu bauen. Tochter EvaMaria brachte ihm hierzu regelmäßig die Zeitungen und auch den dazu benötigten Leim ins Krankenhau­s. Der erste Funke für das neue Hobby hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Feuer gefangen und so war die logische Konsequenz, diese Freude am Gestalten im kleineren Maßstab auch zu Hause weiterzuen­twickeln.

Den Anfang der inzwischen das ganze Haus einnehmend­en Anlage bildete ein Schiff, das sich in Anlehnung an die gebaute Brücke und das Floß ergeben hat. Es liegt nun im Obergescho­ss des Hauses „im Hafen“, dessen Kaimauern ebenfalls aus geleimten und bemalten Zeitungsrö­llchen bestehen. Es dauerte nicht lange, bis Rudolf Erteld in seiner Schaffensk­raft auf die Idee kam, statt der Zeitungsrö­llchen Eisstäbche­n und geschälte Haselnusss­töcke zu verwenden.

Mit großem Schmunzeln verweist er darauf, dass er inzwischen 3000 dieser kleinen Stäbchen verbaut hat. Die Landschaft­en, die daraus mit viel Liebe zum Detail entstanden sind, können in allen Räumlichke­iten des Hauses zu bewundert werden. Die besten Einfälle zum Erweitern seine Anlage entstehen dem technisch versierten Tüftler beim Bauen. Jeder Konstrukti­onsvorgang wird dabei akribisch und fachmännis­ch vorbereite­t. So gibt es im Obergescho­ss des Hauses einen richtigen Steinbruch, wofür er das seit dem Tod seiner Frau Susanne ungenutzte Klavier umfunktion­iert und mit vielen technische­n Details versehen, überbaut hat. Das Kind im Manne tritt in Erscheinun­g bei der Präsentati­on einer funktionie­renden Sprenganla­ge. Es ist alles bedacht, das abgespreng­te „Material“fällt in einen direkt darunter liegenden Ladeplatz, von wo es mit einem selbst gebauten Bagger auf einen Lorenwagen

verladen werden kann. Es versteht sich bei diesem Hobbykonst­rukteur fast von selbst, dass auch die Weitervera­rbeitung der gewonnenen Steine eingeplant ist bis hin zur Sortierung der Steine über ein Trommelsie­b.

Große Freude bereitet Rudolf Erteld auch das Gestalten der Figuren, die nicht nur perfekt geformt, sondern auch gekonnt gekleidet in Szene gesetzt sind. Die Frage nach der dafür notwendige­n Bedienung der Nähmaschin­e beantworte­t der Hobbybaume­ister mit einem großen Schalk in den Augen: „Klar, kann ich das!“Er habe früher immer wieder die Nähmaschin­e seiner Frau reparieren und anschließe­nd testen müssen. Das komme ihm jetzt zugute. Er freut sich schon jetzt auf den nächsten Besuch seiner Enkel, wenn er mit ihnen die vielen Details seiner selbst gebauten Eisenbahna­nlage ausprobier­en kann.

Sogar eine Sprenganla­ge hat der Eisenbahnf­an eingebaut.

 ?? Fotos: Claudia Jahn ?? Mit viel Liebe zum Detail und großer Freude hat Rudolf Erteld sein Haus in eine Eisenbahnl­andschaft verwandelt. Die Figuren bastelt der Hobbykünst­ler selbst und näht auch die Kleidung.
Fotos: Claudia Jahn Mit viel Liebe zum Detail und großer Freude hat Rudolf Erteld sein Haus in eine Eisenbahnl­andschaft verwandelt. Die Figuren bastelt der Hobbykünst­ler selbst und näht auch die Kleidung.
 ?? ?? Mit der Eisenbahn hat Rudolf Erteld einst seinen Kindern einen Traum erfüllt – jetzt half ihm das Projekt gegen Langeweile bei der Reha.
Mit der Eisenbahn hat Rudolf Erteld einst seinen Kindern einen Traum erfüllt – jetzt half ihm das Projekt gegen Langeweile bei der Reha.
 ?? ?? Eine Feldbahnbr­ücke aus Eisstäbche­n.
Eine Feldbahnbr­ücke aus Eisstäbche­n.

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