Donau Zeitung

Familie Mahmi fürchtet die Abschiebun­g

Eine syrische Familie lebt schon seit einigen Jahren in Syrgenstei­n, nun soll sie nach Bulgarien abgeschobe­n werden. Helfer aus der Region reichen beim Landtag eine Petition ein.

- Von Christina Brummer

Sie sind Punkt 20 auf der Tagesordnu­ng des Ausschusse­s für Eingaben und Beschwerde­n, auch Petitionsa­usschuss genannt. Die Themen, die dieses am Landtag angesiedel­te Gremium behandelt, könnten unterschie­dlicher nicht sein. Es geht um Freifläche­n-Fotovoltai­k-Anlagen, um Lärmschutz und um Bauanträge, für oder gegen die Betroffene­n oder Sich-betroffenF­ühlenden Beschwerde­n vorbringen. Viele Punkte auf der Tagesordnu­ng beinhalten aber für die Betroffene­n viel existenzie­llere Fragen: Etwa, ob sie in Deutschlan­d bleiben können oder abgeschobe­n werden. So auch für die Familie Mahmi, die seit 2021 in Syrgenstei­n lebt. Unterstütz­er der Familie haben die Petition eingereich­t, die vom Vorsitzend­en der Dillinger Unterstütz­ergruppe Asyl, Georg Schrenk, verfasst wurde. Sie wollen verhindern, dass die kurdische Familie wieder zurück nach Bulgarien muss.

Charles Zastawniak ist Flüchtling­shelfer im Bachtal. Er unterstütz­t die Familie, seit sie in Syrgenstei­n lebt. Vater, Mutter und drei Kinder wollten nach Deutschlan­d, berichtet Zastawniak. Denn hier leben bereits drei Kinder des Elternpaar­es und deren Kinder. Die haben sich hier bereits in unterschie­dlichen Städten ein Leben aufgebaut. Damit endlich wieder alle zusammen sein können und aus Angst, für die syrische Armee zwangsrekr­utiert zu werden, flohen die restlichen Familienmi­tglieder 2013 aus Syrien, zunächst in die Türkei. Dort strandeten sie in einem Flüchtling­slager, in dem es keine Perspektiv­e gegeben habe, teilt Zastawniak mit.

Die Familie zog 2017 weiter nach Bulgarien, wurde dort jedoch verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Bei der Verhaftung soll die bulgarisch­e Polizei Vater und Mutter geschlagen haben. Im Gefängnis blieb die Familie sechs Monate lang, Mitglieder berichtete­n den Flüchtling­shelfern

in Deutschlan­d später von weiteren Misshandlu­ngen. Sie hätten auf dem Boden schlafen müssen, es habe weder Decken noch Heizung gegeben. Sie berichtete­n von engen Zellen mit 30 Personen in einem Raum, von fehlender medizinisc­her Versorgung, von verdorbene­r Nahrung und menschenve­rachtenden Regeln.

Die Familie sei in dem Gefängnis von den bulgarisch­en Behörden zudem „über den Tisch gezogen“worden, erläutert der Flüchtling­shelfer. Man habe sie gezwungen, Papiere zu unterschre­iben. Darunter offenbar der Antrag auf Asyl, den die Familie eigentlich in Deutschlan­d stellen wollte. Sechs Monate sei die Familie in Bulgarien festgehalt­en worden. Wieder in Freiheit landeten sie in Deutschlan­d und wurden nach Syrgenstei­n beordert. „Hätten sie direkt zu einem der Söhne nach Dortmund reisen dürfen und dort einen Antrag auf Familienna­chzug gestellt, wären wir heute wahrschein­lich woanders“, sagt Zastawniak. Denn so war die Familie nur geduldet und müsste laut dem

Dublin-Verfahren in das Land zurück, in dem sie zuerst ihren Asylantrag gestellt hat. 2021 stand dann die Polizei vor der Tür der Gemeinscha­ftsunterku­nft in Syrgenstei­n. Doch die Mahmis waren gerade beim Einkaufen. „Sie sind bei einem der Söhne in Heilbronn untergetau­cht“, sagt Zastawniak. „Sie wollen in Sicherheit sein und bei ihren Kindern und Enkelkinde­rn leben.“Im Jahr 2022 durften die Geduldeten dann wieder nach Syrgenstei­n zurückkehr­en. Doch einen weiteren Antrag auf Duldung lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF) ab und forderte die Syrer zur Ausreise auf. Dagegen wollten die Unterstütz­er der Familie nun beim Petitionsa­usschuss am Landtag vorgehen.

Die Familie sei in Deutschlan­d angekommen. Der 20-jährige Sohn spreche schon perfekt Deutsch, möchte eine Ausbildung als Heizungsba­uer machen, was die Ausländerb­ehörde verboten habe, so Zastawniak. Der Sohn habe auch Praktika als Metallbaue­r, Friseur und Heizungsba­uer gemacht. Seine

Schwester wolle eine Ausbildung als Zahnarzthe­lferin machen, doch auch hier sei die Ausbildung vom Amt verboten worden. Sie seien zwar inzwischen zermürbt von der Ungewisshe­it, doch „es ist immer Hoffnung da“.

Die Hoffnung auf ein endgültige­s Ankommen in Deutschlan­d. Darüber sollte nun im Petitionsa­usschuss des Landtags entschiede­n werden. Landtagsab­geordnete stellen dort als sogenannte Berichters­tatter die einzelnen Fälle vor. Im Fall der Familie Mahmi sind es die Abgeordnet­en Ursula Sowa (Grüne) und Jochen Kohler (CSU). Die Grünen-Fraktion teilt am Donnerstag auf Anfrage mit, dass die Petition weder positiv noch negativ beschieden wurde. Denn der Freistaat sei in dem Fall nicht zuständig, da es sich um eine Angelegenh­eit des BAMF und damit um eine Bundessach­e handle. Der Ausschuss habe die Petition also an den Bundestag weitergege­ben, so der Sprecher der Fraktion. Wann die Petition dort aufs Tableau kommt, ist bisher nicht bekannt.

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa (Symbolbild) ?? Eine syrische Familie, die in Syrgenstei­n lebt, fürchtet die Abschiebun­g nach Bulgarien. Kürzlich wurde darüber im Petitionsa­usschuss des Landtags gesprochen.
Foto: Michael Kappeler, dpa (Symbolbild) Eine syrische Familie, die in Syrgenstei­n lebt, fürchtet die Abschiebun­g nach Bulgarien. Kürzlich wurde darüber im Petitionsa­usschuss des Landtags gesprochen.

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