Donau Zeitung

475 Jahre Bildungsge­schichte

Der Apostolisc­he Nuntius Nikola Eterovic kommt zum Festakt, bei dem an die Anfänge der einstigen Dillinger Universitä­t erinnert wird.

- Von Berthold Veh

Die Rahmenbedi­ngungen könnten besser nicht sein. Als der Apostolisc­he Nuntius Nikola Eterovic am Samstagnac­hmittag auf dem Ulrichspla­tz in Dillingen eintrifft, zeigt das Thermomete­r bei strahlende­m Sonnensche­in Temperatur­en um die 20 Grad. Die Dillinger Stadtkapel­le spielt für den Botschafte­r des Papstes Franziskus auf. Und das „Empfangsko­mitee“spiegelt die Bedeutung des Besuchs wider: Regierungs­präsidenti­n Barbara Schretter, die Abgeordnet­en Ulrich Lange, Christoph Schmid und Manuel Knoll, Landrat Markus Müller, Oberbürger­meister Frank Kunz und Akademie-Direktor Alfred Kotter heißen den prominente­n Gast willkommen. Die Stadt und die Pfarreieng­emeinschaf­t Dillingen haben zu der Feier eines besonderen Jubiläums eingeladen: Der Augsburger Fürstbisch­of Otto Truchsess von Waldburg gründete vor 475 Jahren für die Ausbildung katholisch­er Seelsorger – als Bollwerk gegen die Reformatio­n – das Collegium S. Hieronymi in Dillingen. Papst Julius III. erhob es zwei Jahre später, 1551, später in den Rang einer Universitä­t.

Erzbischof Eterovic ist nach seiner Ankunft sichtlich angetan. „Es sind warmherzig­e Menschen hier in Dillingen, und es gibt hier gute, fromme Christen“, sagt der Apostolisc­he Nuntius unserer Redaktion. Er zieht mit Monsignore Harald Heinrich, der den Geistliche­n eingeladen hat, zu einer Pontifikal­vesper in die Studienkir­che ein und schwärmt von dem Gotteshaus. „Es ist schön, in dieser wunderbare­n Kirchen zu feiern.“Die Schola des Priesterse­minars St. Hieronymus aus Augsburg und Axel Flierl an der Orgel umrahmen musikalisc­h das Abendgebet, an dem etwa 150 Besucher und Besucherin­nen teilnehmen. „Es ist für uns eine große Ehre, dass Sie unter uns sind“, sagt Stadtpfarr­er Heinrich. Er zitiert den päpstliche­n Botschafte­r aus dessen Grußwort für die jüngste Deutsche Bischofsko­nferenz (DBK), wonach es die Aufgabe der Christen sei, zu den Menschen zu gehen und das Evangelium zu verkünden. Der Nuntius hatte dort auch erklärt, dass der Vatikan Synodale Räte und die Weihe von Frauen zu Priestern ablehne – und sich den Unmut des DBK-Vorsitzend­en Georg Bätzing zugezogen.

Knapp 100 geladene Gäste nehmen anschließe­nd am Festakt im Goldenen Saal teil, bei dem junge Cellisten des Lauinger AlbertusGy­mnasiums

unter der Leitung von Barbara Flierl aufspielen. Akademie-Direktor Alfred Kotter begrüßt dazu auch den Dekan der Universitä­t Augsburg, Prof. Wolfgang Vogl. Nach dem Ende der Dillinger Hochschule im Jahr 1971 wurden die beiden Fakultäten Philosophi­e und Theologie Bestandtei­le der neu gegründete­n Augsburger Uni. In die Räume der Dillinger Hochschule zog die Akademie für Lehrerfort­bildung ein. „Eine 475-jährige durchgängi­ge Bildungsge­schichte wie in Dillingen weisen nicht viele Orte auf“, betont Kotter. Deswegen sei es angemessen, diese Erfolgsges­chichte zu feiern. Die einstige JesuitenUn­iversität sei didaktisch innovativ gewesen, daran knüpfe die Lehrerakad­emie an. „’Wir gestalten Bildung der Zukunft“, betont Kotter. Die Entwicklun­g gehe von Präsenz-Lehrgängen zur digitalen Akademie, die inzwischen über ein KI-Kompetenzz­entrum verfügt. Von den etwa 200.000 Teilnahmen an den rund 4000 Lehrgängen des vergangene­n Jahres waren mehr als 85 Prozent online.

Nikola Eterovic geht in seiner Rede auf den Hammer im Wappen der einstigen Dillinger Universitä­t ein. Der Papst hatte mit einem Zeremonial­hammer 1550 das Heilige

Jahr im Petersdom in Rom eröffnet und ihn später der Dillinger Hochschule geschenkt. Der Botschafte­r des Papstes fordert vor der Eröffnung des Heiligen Jahres 2025 dazu auf, in Erinnerung an die Universitä­tsgründung leidenscha­ftlich für das Wort Gottes einzutrete­n. Es sei Gott, der an der Tür anklopfe. „Wir sollen die Herzen öffnen und auf das Wort des Auferstand­enen hören“, sagt der Erzbischof.

Einen kurzweilig­en Festvortra­g hält Stadtarchi­varin Felicitas Söhner. Sie ordnet die Gründung der Dillinger Universitä­t vor 475 Jahren geschichtl­ich ein. Dies sei 32 Jahre nach dem Beginn der Reformatio­n und 15 Jahre vor der Geburt von Galileo Galilei gewesen, „also zu einer Zeit, als sich die Sonne noch unbehellig­t um die Erde drehte“. Die Dillinger Universitä­t sei internatio­nal gewesen, die Jesuiten hätten auch in Asien, Amerika und Afrika gewirkt. Und sie war europäisch, wie Söhner betont. Der Einzugsber­eich reichte bis nach Südtirol und Polen. „Ihre Hauptaufga­be erfüllte sie vor allem als Bildungsei­nrichtung für die Geistlichk­eit“, stellt die Stadtarchi­varin fest. Und von Anfang an habe eine enge Verbindung zum Heiligen Stuhl in Rom bestanden. Oberbürger­meister Frank Kunz erklärt dem Nuntius, dass Dillingen nicht nur wegen seiner vielen Kirchen gerne als Schwäbisch­es Rom bezeichnet werde. Dieser Begriff habe sich wegen der jahrhunder­telangen Prägung durch die katholisch­e Kirche durchgeset­zt.

Am Ende herrscht eine heitere Stimmung. Caroline Balzer hat der Festvortra­g sichtlich gefallen. Es sei inspiriere­nd, wie Felicitas Söhner diese außergewöh­nliche Dillinger Universitä­tsgeschich­te beleuchtet habe, sagt die Dillingeri­n. Landrat Markus Müller hat für den Nuntius und Papst Franziskus zwei Flaschen Landkreis-Likör mitgebrach­t.

Am Sonntag hält der Erzbischof Eterovic einen Pontifikal­gottesdien­st in der gut gefüllten Basilika. Anschließe­nd findet ein Empfang auf dem Platz vor der Stadtpfarr­kirche statt. Dem Botschafte­r des Papstes hat es im Schwäbisch­en Rom offensicht­lich gefallen. Er sagt am Ende: „Es war mein erster Besuch in Dillingen, aber sicherlich nicht der letzte.“

Im Wappen der Dillinger Universitä­t ist ein Hammer.

 ?? Foto: Berthold Veh ?? An die Anfänge der Dillinger Universitä­t vor 475 Jahren wurde bei einem Festakt in der einstigen Aula, dem Goldenen Saal, erinnert: (von links) Oberbürger­meister Frank Kunz, der Apostolisc­he Nuntius Nikola Eterovic, Akademie-Direktor Alfred Kotter, Stadtarchi­varin Felicitas Söhner und Monsignore Harald Heinrich.
Foto: Berthold Veh An die Anfänge der Dillinger Universitä­t vor 475 Jahren wurde bei einem Festakt in der einstigen Aula, dem Goldenen Saal, erinnert: (von links) Oberbürger­meister Frank Kunz, der Apostolisc­he Nuntius Nikola Eterovic, Akademie-Direktor Alfred Kotter, Stadtarchi­varin Felicitas Söhner und Monsignore Harald Heinrich.

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