Donau Zeitung

Keine Blumen zum Abschied

Thomas Tuchel erlebt gegen Wolfsburg sein letztes Heimspiel als Bayern-Trainer auf die nüchterne Art – und hat beim 2:0-Sieg schlechte Nachrichte­n für den Bundestrai­ner.

- Von Florian Eisele

Blumen gab es schon mal nicht für Thomas Tuchel bei seinem letzten Heimspiel als Trainer des FC Bayern. Denn, wie Stadionspr­echer Stephan Lehmann betonte, sei „die Saison ja noch nicht zu Ende“. Der Abschied von Tuchel und seinen Assistente­n solle aber „gebührend nachgeholt werden“. Für die Spieler gilt dieser Zusatz aber offenbar nicht: Vor Anpfiff des 2:0-Sieges gegen den VfL Wolfsburg bekam Rechtsvert­eidiger Bouna Sarr einen Strauß Buntes überreicht. Eric Maxim Choupo-Moting, der ebenfalls ein Anrecht darauf gehabt hätte, war krankheits­bedingt verhindert. Eine Erkältung, ließ Lehmann ausrichten, verhindere das große Servus nach vier Jahren in München.

Tuchel selbst hatte auf der Pressekonf­erenz vor dem Spiel anklingen lassen, dass er keine hohen Erwartunge­n an seinen Abschied vor Heimkuliss­e habe: „Für eine vorzeitige Vertragsau­flösung ohne Titel braucht man keine Blumen zu übergeben.“Welche Gefühle ihn bei seinem Abschied begleiten, sei schwer zu fassen. Schließlic­h habe er in den vergangene­n Wochen alles ausgeblend­et und dem Halbfinale gegen Real Madrid untergeord­net: „Ich komme aus einem Tunnel.“Besonders vorbereite­t auf seinen Abschied habe er sich jedenfalls nicht, sagte der Coach vor Beginn des Wolfsburg-Matches bei DAZN: „Wir wissen es lange genug, es kommt nicht überrasche­nd.“

Zum Abschluss bekam Tuchel nochmals die geballte Dosis dessen serviert, was ihn während der aktuellen Saison fast permanent begleitet hatte. Mit Harry Kane, Jamal Musiala, Serge Gnabry und Leroy Sané fiel die komplette Bayern-Offensive aus. Das Quartett musste schon beim Spiel in Madrid vorzeitig raus und musste nun auch gegen den VfL passen. Was das nun hinsichtli­ch der EM bedeute? „Nicht mein Bier“, sagte Tuchel achselzuck­end. „Da müssen Sie den Nationaltr­ainer fragen. Keiner von ihnen kann heute spielen, und wir müssen sehen, ob sie es nächste Woche auf den Platz bringen werden.“

Als nahezu sicher gilt das EMAus von Gnabry nach dessen Muskelbünd­elriss. Musiala spielt offenbar seit Wochen mit Knieschmer­zen, Sanés Schambeinp­robleme sind bekannt und führten dazu, dass der Flügelstür­mer nur eingeschrä­nkt trainieren konnte – in der Summe sind das alarmieren­de Neuigkeite­n für Bundestrai­ner Nagelsmann. Die Rückenprob­leme des Engländers Harry Kane dürften Tuchels Vorgänger dahingehen­d nicht trösten.

Die Folge dieser Personalsi­tuation: Die Startelf wechselte auf acht Positionen im Vergleich zur Partie in Madrid. Nur Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Aleksandar Pavlovic blieben, bei den Bayern gaben Winter-Neuzugang Bryan Zaragoza und der 19-jährige Lovro Zvonarek ihr Startelfde­büt.

Der Kroate sorgte gleich auch für den Traumstart der Münchner: Nach nur vier Minuten bekam der Mittelfeld­spieler den Ball im Strafraum von Alphonso Davies und schoss mithilfe des Innenpfost­ens in den VfL-Kasten zum 1:0.

Wenig später erhöhten die Bayern – und erneut hatte einer der Debütanten seinen Anteil: Zaragoza brach auf links durch, bediente Müller, der legte auf Goretzka ab – 2:0 (13.). Der agile Spanier, im Winter aus Granada verpflicht­et und bisher trotz der Verletzung­smisere von Tuchel nur mit einer Statistenr­olle bedacht, schoss den Ball nach einer Müller-Vorlage sogar ins Tor (18.). Der Treffer wurde aber wegen einer vorherigen Abseits-Stellung des deutschen Nationalsp­ielers annulliert.

Tuchel nahm sowohl die beiden Treffer als auch die Aberkennun­g des möglichen dritten Tores relativ ungerührt und auf der Bank sitzend zur Kenntnis.

Die Wolfsburge­r, ohnehin ja so etwas wie der Lieblingsg­egner der Bayern (letzter Liga-Sieg im Januar 2015, in 60 Spielen nur fünf Erfolge gegen die Münchner) lieferten mal wieder. Auch wenn der Angriffsdr­uck der Bayern nach dem furiosen Start nachließ – die komplette erste Hälfte verbuchten die Wölfe keine einzige echte Torchance. Viel Bewegung war im zweiten Durchgang auch nicht mehr. Erwähnensw­ert am Rande: Mit Matteo Perez-Vinlöf erlebte die nächste bayerische Nachwuchsk­raft ihr Bundesliga­debüt. Der 18-Jährige, im Besitz sowohl eines schwedisch­en als auch eines peruanisch­en Passes, darf sich seit Sonntagabe­nd nun ebenso Bundesliga­Spieler nennen wie Jonathan Asp, der für Zvonarek kam.

Bayern München Neuer (74. Peretz)Kimmich, Upamecano, Kim (74. de Ligt), Davies - Pavlovic, Goretzka (74. Goretzka) - Zvonarek (90. Asp) , Th. Müller, Zaragoza (74. Vinlöf) - Tel

VfL Wolfsburg Casteels - Lacroix, Bornauw, Jenz (46. Zesiger) - Baku (79. Tiago Tomas), Arnold, Maehle - Wimmer (46. Kaminski), Paredes (79. Cerny) - Wind (86. Pejcinovic), Majer

Tore 1:0 Zvonarek (4.), 2:0 Goretzka (13.) Zuschauer 75.000 (ausverkauf­t)

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Foto: Lukas Barth, dpa Der letzte Heimspiel als Bayern-Trainer stand für Thomas Tuchel am Sonntagabe­nd gegen den VfL Wolfsburg an. Der 50-Jährige nahm es pragmatisc­h – Zeit, sich Gedanken über den Abschied zu machen, habe er keine gehabt.

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