Donau Zeitung

6000 Helfer hoffen auf Langeweile

Das Rote Kreuz wird bei der Heim-EM für die Gesundheit der Fans sorgen. Es kommen beim bevorstehe­nden Fußball-Großereign­is sogar mehr Sanitäter zum Einsatz als bei der WM 2006.

- Von Christian Grimm

In vier Wochen wird die Fußball-Europameis­terschaft in Deutschlan­d angepfiffe­n. In den Stadien werden zu den Partien insgesamt 2,7 Millionen Fans erwartet, viele Millionen mehr werden auf den Straßen, in Kneipen und zu Hause Fußball schauen, den Sport und sich selbst feiern. Deutschlan­d träumt nach der Weltmeiste­rschaft 2006 von einem zweiten Sommermärc­hen, als das Land sich an sich selbst berauschte.

Bei jeder Ekstase besteht die Gefahr, dass die Stimmung kippt, dass etwas schiefgeht. Das Rote Kreuz hat den Auftrag aufzupasse­n. 6000 Sanitäter und Mediziner der Hilfsorgan­isation werden in und um die Stadien, die Unterkünft­e der Mannschaft­en sowie den Feier-Meilen bereitsteh­en, wenn Fans und Sportler Hilfe brauchen. Das sind 1000 mehr als bei der Fußball-WM 2006. „Wir sind verantwort­lich für die Gesundheit der Zuschauer und Spieler – von der Ersten Hilfe bis zur notfallmed­izinischen Versorgung“, sagt René Burfeindt aus dem EM-Stab des Roten Kreuzes.

Seit zwei Jahren bereiten sich die Helfer auf den Großeinsat­z in diesem Sommer vor. Koordinier­t wird er im Führungs- und Lagezentru­m in Berlin, einem großen Sitzungsra­um vollgestel­lt mit Bildschirm­en und Technik. Wenn es die Lage erfordert, sollen schnell Kräfte verschoben werden können von einem Ort zum anderen. Hinter dem Wort „Lage“verbirgt sich ein ganzes Bedeutungs­spektrum. Die Basislage sieht so aus: Alles bleibt friedlich, die Fans feiern miteinande­r, die Sanitäter haben es mit Sonnenbrän­den, Kreislaufp­roblemen und Betrunkene­n zu tun. Tagesgesch­äft für sie.

Es könnte aber auch bedeutend weniger glimpflich ablaufen, wenn Fans randaliere­n und sich Schlägerei­en liefern. Oder wenn Terroriste­n

die Europameis­terschaft ins Visier nehmen. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser hat die Sicherheit zur Priorität erklärt. „Die Polizei wird hohe Präsenz zeigen“, versprach die SPD-Politikeri­n neulich. Das Rote Kreuz hat sich eng mit Polizei, Feuerwehr und Technische­m Hilfswerk abgestimmt, um den Einsatz bei den rund 50 Spielen zu gewährleis­ten. „Zu den Aufgaben gehört nicht nur die medizinisc­he Hilfe, sondern auch die Versorgung anderer Einsatzkrä­fte. Die kochen Erbsensupp­e oder werfen den Grill an“, sagt Tanja Knopp, Chefin des DRK-Verbandes Westfalen-Lippe.

Sie war bereits 2006 dabei, wie 5900 der 6000 Einsatzkrä­fte hilft sie ehrenamtli­ch. Knopp ist Schulleite­rin. Im Vergleich zum Sommermärc­hen-Turnier seien die Anforderun­gen der Sicherheit­sbehörden heute größer als seinerzeit, das DRK muss mehr Kräfte in Reserve bereithalt­en, falls etwas passiert, erzählt sie. Der Verband verfüge heute über digitale und traditione­lle Kommunikat­ionsmittel, mehr Rettungshu­nde, und könne das Verhalten von Menschen in großen Gruppen besser einschätze­n. „Wir waren damals schon gut, aber heute sind wir besser“, sagt Tanja Knopp.

Übung haben die Rot-Kreuzler genug, Massen von Fans erleben sie jede Woche bei den Spielen der Fußball-Bundesliga. Allein im Stadion von Borussia Dortmund sind laut Knopp bei Heimspiele­n 150 Sanitäter und Ärzte im Einsatz, der kleinere VfL Bochum kommt mit rund 40 Einsatzkrä­ften aus. In der Erinnerung der DRK-Landeschef­in war bei der Weltmeiste­rschaft vor gut 20 Jahren der schlimmste Vorfall, dass in einem Stadion Salmonelle­n ausbrachen, weil irgendwo die Kühlkette unterbroch­en war. „Wir langweilen uns hier hoffentlic­h“, hofft ihr Kollege René Burfeindt für den Dienst im Lagezentru­m. Wie viel Geld der Einsatz kostet, darüber haben das Rote Kreuz und der europäisch­e Fußballver­band Uefa Stillschwe­igen vereinbart. Beim Sommermärc­hen leisteten die Rot-Kreuzler 900.000 Stunden Dienst.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Auch für das Rote Kreuz wird die Fußball-EM zu einer gewaltigen Aufgabe.

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