Zaun
D Der Wink mit dem Zaunpfahl ist wieder salonfähig in Europa. Wenn all die Ankündigungen und Androhungen wahr werden, die derzeit zwischen Athen, Zagreb, Ljubljana, Wien und München zu hören sind, kommt ein großes Konjunkturprogramm in die oft wirtschaftsschwachen Grenzregionen. Wird Europa eingezäunt und zur Festung? Befrieden durch Einfrieden: Das klingt wie eine Losung aus der alten DDR.
Geht es nach den Abwehrpolitikern, dann muss Europa jetzt Zähne zeigen gegen die anrennenden Flüchtlingsmassen – und zwar die Metallzähne von Stacheldraht. Von Mauern oder gar Wänden spricht man nicht so gern. Das hatten wir.
Zaun aber klingt viel durchlässiger, luftiger. Klingt provisorisch, vertrauter, weniger massiv. Wie in der Werbung von Zaun24.de: „Zäune“, heißt es da, „sichern Ihr Grundstück und bieten Ihnen und Ihren Liebsten Schutz und Sicherheit.“Wie einst die Siedler im Wilden Westen, die mit Weidezäunen ihre Claims markierten. Und könnte man Flüchtlinge, die an so einem Doppelstabmatten-, Stabgitteroder Diagonaldrahtgeflechtzaun (vulgo: Maschendrahtzaun) aufgehalten werden, nicht weiterhin Gäste nennen, Zaungäste eben?
Wie so ein Grenzzaun gegen unbefugtes Betreten der Baustelle Europa aussehen könnte, zeigt sich in der spanischen Exklave Melilla: sieben Meter hoch, sehr stabil, mehr Drahtkäfig als Gartenzaun. Nichts mit Jägerzaungemütlichkeit und Knallerbsenstrauchgezeter.
Im Internet gibt es übrigens sogenannte „Zaunrechner“, mit denen überschlägig die Kosten für einen Zaun berechnet werden können. Würde also Deutschland beispielsweise seine 815 000 Meter lange Grenze zu Österreich einzäunen wollen, dann würde das in Metallausführung (150 bis 200 Euro der Meter) recht teuer und auch als Holzlattenzaun (30 bis 45 Euro/m) noch kein Schnäppchen. Lohnt sich das? Und brauchen wir dann nicht auch Wildbrücken?