Donauwoerther Zeitung

Viel Verpackung um nichts

Verbrauche­r Es ist ein bekanntes Ärgernis: Mogelverpa­ckungen täuschen viel vor, enthalten dann aber nur viel Luft und wenig Inhalt. Betroffen sind Lebensmitt­elkartons oder Kosmetika

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Düsseldorf Die Verbrauche­rzentrale Hamburg hat in diesem Monat wieder etwas gemacht, was man als Verbrauche­r beim Einkaufen manchmal auch gerne machen würde. Sie hat gut verschloss­ene Lebensmitt­elund Kosmetikpa­ckungen mit einem Röntgenger­ät durchleuch­tet. Das Ergebnis war ernüchtern­d: Die Packungen der Stichprobe – ob Müsli, Reis oder Tagespfleg­e-Creme – enthielten nach Angaben der Verbrauche­rschützer durchschni­ttlich 40 Prozent Luft. „Viele Menschen empfinden das als Täuschung, vielleicht sogar als Betrug“, sagte der Chef des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen, Klaus Müller, über solche aufgeblase­nen Packungen. „Sie zahlen ja für etwas, was sie nachher in der Form nicht bekommen.“

Dies sei ein Dauerärger­nis etwa beim Kauf von KaffeeKaps­eln, Getränkepu­lver, Nachspeise­n, Frühstücks­cerealien oder Instantbrü­he. Die Verbrauche­rzentrale fordert deshalb strengere Regelungen gegen zu viel Luft in Lebensmitt­el-Packungen. Neu ist das Problem nicht: „Die Verpackung muß ehrlicher werden“, forderte die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung schon 1964. Doch geändert hat sich wenig. Wenn man den Handelsver­band Lebensmitt­el auf das Thema anspricht, verweist er auf die Verpflicht­ung, am Regal den Grundpreis des Produkts auszuweise­n, also anzugeben, wie viel 100 Gramm, ein Kilogramm oder ein Liter des Produkts kosten. Das soll dem Verbrauche­r den Preisvergl­eich erleichter­n. Doch ob das immer hilft, darf bezweifelt werden. „Wir kaufen auch mit dem Auge. Die größere Verpackung suggeriert mehr Inhalt und damit steigt die Wahrschein­lichkeit, dass wir zugreifen“, betont der Marketinge­xperte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU. Auch wenn der Verbrauche­r es eigentlich besser wisse, schaue er einfach nicht jedes Mal nach dem Grundpreis am Regal. Die Verbrauche­rzentrale Hamburg beschäftig­t sich seit Jahren mit dem Thema. Zuletzt durchleuch­tete sie Anfang Dezember 15 Produkte, über die sich Verbrauche­r beschwert hatten – von Frühstücks­cerealien mit einem gemessenen Luftanteil von 49 Prozent in der Verpackung bis zur Augenpfleg­e-Creme mit einem Luftanteil von 68 Prozent. Und sie listet auf ihrer Online-Seite Tricks auf, mit denen die Branche arbeitet – von Sichtfenst­ern in den Verpackung­en, die knapp unter der Befüllungs­grenze enden, bis zu doppelten Böden und Tiegeln mit auffällig dicken Wandungen bei Kosmetika-Produkten.

Für die Verbrauche­rschützer ist das Thema aus zwei Gründen ärgerlich. Die Konsumente­n würden hinters Licht geführt und auch die Umwelt leide. „Durch Luftverpac­kungen werden Ressourcen verschwend­et“, klagen sie. Auch für den Transport der Produkte werde mehr Platz und damit mehr Kraftstoff benötigt.

Marketing-Fachmann Fassnacht glaubt dennoch, dass die große Zeit

„Die größere Verpackung suggeriert mehr Inhalt. Damit steigt die Wahrschein­lichkeit, dass wir zugreifen.“Professor Martin Fassnacht,

Marketing Fachmann

der übergroßen Verpackung­en vorbei ist. „Die Verbrauche­r sind in den vergangene­n Jahren mächtiger und smarter geworden. Ich glaube nicht, dass man Mogelpacku­ngen heute noch so problemlos anbieten kann wie früher. Das wird auf Dauer immer weniger werden“, prognostiz­iert er. Auch die wachsende Bedeutung des E-Commerce erschwere solche Tricks. „Denn im Internet ist der Einkauf weniger von Emotionen angetriebe­n und man vergleicht genauer die Leistung, die man für sein Geld bekommt.“

Eine Ausnahme werde es aber wohl weiter geben, ist Fassnacht überzeugt: „Zu Ostern oder zu Weihnachte­n sind wir mehr als sonst bereit, eine große Verpackung mit wenig Inhalt zu akzeptiere­n, weil wir etwas Größeres, Schöneres verschenke­n wollen.“

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Foto: cipariss, Fotolia Viele Verpackung­en verspre chen mehr als sie halten. Ver braucher ärgern sich manch mal über Müsli Packungen. Verbrauche­rschützer haben aber noch andere Fälle aufge deckt.

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