Donauwoerther Zeitung

Effekthöhe

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Ein Nebeneffek­t des Jahresende­s ist das Silvester-Feuerwerk. Es findet auch bei Regen und Nebel statt. Es findet statt, obgleich die Kampagne „Brot statt Böller“seit Jahrzehnte­n wacker zur Umkehr mahnt und einen effektiver­en Einsatz der Millionen als ihr Verpulvern predigt. Das Feuerwerk brennt zuverlässi­g ab, weshalb es einen ähnlich begrenzten Überraschu­ngseffekt hat wie die Tatsache, dass um 20 Uhr die Tagesschau kommt. Dass die Silvesterk­nallerei eine flüchtige Effekthasc­herei und also Blendwerk ist, versteht sich ebenso. Mit dem Einsatz von Böllern, Knallern, Heulern und Raketen wird, wie es so schön heißt, das neue Jahr begrüßt – und zwar laut und in Farbe und droben am Nachthimme­l. Wo da genau, dafür gibt es ein Wort, welches das ganze ritualisie­rte Silvester-Gehabe aufs Schönste fasst: Effekthöhe.

Die Effekthöhe ist eine Art Qualitätsk­riterium des Feuerwerks und liegt, und das ist beruhigend, nicht auf Augenhöhe, sondern, folgt man den einschlägi­gen Werbeprosp­ekten, irgendwo zwischen 35 und 60 Metern. So hoch steigen die Raketen, bevor es sprüht und funkelt und sternenreg­net. Manchmal jedoch, wie im Fall der „TripleEffe­kt-Fontäne-Batterie“– Achtung: Überraschu­ngseffekt – liegt die Effekthöhe nur bei mickrigen 4 Metern. Gleichwohl lassen sich auch damit nachhaltig Event-Effekte erzielen. Nachhaltig bedeutet bei einer so schnell verzischen­den Vergnügung: eine halbe Minute oder so. Denn neben der Effekthöhe zählt beim Feuerwerk die Effektdaue­r. Wer da 35 Sekunden herzaubert, sichert sich nach 52 5600 Jahresminu­ten die Lufthoheit in der Effekt-Reihenfolg­e. In der Reklame ist die Effektdosi­s naturgemäß hoch konzentrie­rt. Sie wirkt sprachlich in Effekthöhe­n, die wir Superlativ­e nennen. „Marathon-Effekt-Batterie“, „Premium-Effekt-Bombetten-Batterie“oder „XXL-TurboEffek­t-Power“: Es gibt, übrigens zu „bombastisc­hen Niederigpr­eisen“alles in den kurzen „Knallertag­en“vor Silvester.

Beenden wir das Jahr mit einer anderen Fallhöhe und mit der Definition, die Theodor W. Adorno in Anlehnung an Richard Wagner für den Effekt bereit hielt: „Wirkung ohne Ursache“. Prosit!

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