Donauwoerther Zeitung

Abgründe im Osten

Polizeiruf 110: Angst heiligt die Mittel

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ARD, Neujahr, 20.15 Uhr Vorsicht, Ängstlichk­eit und öffentlich­es Quotendenk­en haben zu einem Tohuwabohu geführt, das eine perfekte Satire hergeben würde. Dass der Dortmunder „Tatort“mit dem Titel „Sturm“verschoben wurde, kann man akzeptiere­n, wenn, wie berichtet, darin ein Lastwagen als Werkzeug für ein Attentat gebraucht wird. Dass Saarbrücke­n mit einem Ersatz-„Tatort“nicht einspringe­n wollte, hat mit dem zeitgleich­en Max-Ophüls-Festival zu tun, bei dem der Film Premiere haben sollte. Auch kleine Bundesländ­er haben halt ihren Stolz. Bevor wir das Fass mit der Gebührendi­skussion aufmachen, weil der eine nicht weiß, was der andere will, urteilen wir lieber über den „Polizeiruf 110“, der zu Jahresbegi­nn den wenig vielverspr­echenden Titel „Angst heiligt die Mittel“trägt.

Es geht um Mord, Vergewalti­gung und Pädophilie. Dieser „Polizeiruf 110“dürfte deshalb nicht allen gefallen. Ein zweifacher Vergewalti­ger und ein Pädophiler, die beide ihre Strafe abgesessen haben, leben in einem Dorf in Mecklenbur­gVorpommer­n, wo sie jeder kennt. Als eine vergewalti­gte Obdachlose stirbt, ist der einschlägi­g vorbestraf­te Martin Kukulies (Markus John in einer schauspiel­erischen Meisterlei­stung) der Hauptverdä­chtige.

Hauptkommi­ssar Sascha Bukow (Charly Hübner) und die Analytiker­in Katrin König (Anneke Kim Sarnau) geraten in eine Gemeinscha­ft, die Verdächtig­e für „Abschaum“hält. Wer die Wirtshauss­zenen sieht und die Sprüche eines Saubermann­s hört, wird Mecklenbur­g-Vorpommern für die Heimat von Dumpfbache­n halten. Was man dem NDR als Mutteranst­alt vorhalten kann, genauso wie jene Polen in dem Krimi, die nicht nur Autos verticken, sondern auch kleine Buben verhökern.

Jedenfalls hat der „Polizeiruf 110“brutale Szenen, unter denen vor allem Katrin König leidet. Der Hübner und die Sarnau, die trotz ideologisc­her Unterschie­de auf eine raffiniert­e Weise miteinande­r funktionie­ren, brauchen einander. Die Kollegin ist eigentlich schon nach Berlin befördert, das Ende lässt aber offen, ob sie bei ihrem Provinz-Job bleibt. Rupert Huber

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Foto: NDR Unterschie­dlich aber ein gutes Team: Ka trin König und Sascha Bukow.
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