Donauwoerther Zeitung

Ein deutscher Lichtblick

Skispringe­n Markus Eisenbichl­er ärgert sich zwar über ein Missgeschi­ck, ist aber dennoch als Sechster bester Deutscher beim Auftakt der Vierschanz­entournee in Oberstdorf. Für Severin Freund werden Befürchtun­gen wahr

- VON MILAN SAKO

Oberstdorf Sie schreien und rufen und schwenken wild ihre Fahnen, wenn die Springer sich die Oberstdorf­er Schanze hinunterst­ürzen. 25500 Fans im seit drei Tagen ausverkauf­ten Schattenbe­rgstadion sorgen für Fußball-Atmosphäre unter dem Nebelhorn. Die Helden sind nicht Kicker in kurzen Hosen, sondern eher schmächtig­e Burschen in schlabbrig­en Anzügen. Für die Tage um Silvester sind sie die Stars.

Gestern Abend jubeln wieder einmal die Österreich­er nach dem Auftaktspr­ingen der Vierschanz­entournee. Stefan Kraft als Sieger und Michael Hayböck als Dritter nehmen den Polen Kamil Stoch in die Zange. Mit 139 Metern gelingt Kraft auch der weiteste Satz in Oberstdorf.

Als bester Deutscher landet Markus Eisenbichl­er auf dem sechsten Platz. Richard Freitag als 14., Andreas Wellinger auf Platz 15, Stefan Leyhe als 17. und Severin Freund auf Rang 20 runden das durchwachs­ene deutsche Ergebnis ab.

Markus Eisenbichl­er ballte nach der Landung im zweiten Durchgang vor Wut die Fäuste. „Die Weite habe ich gehabt, ich muss einfach normal landen“, ärgerte sich der Siegsdorfe­r. Im ersten, besseren Durchgang habe er schon bewiesen, dass er aufs Podest springen kann. „Jetzt ärgere ich mich fünf Minuten, dann ist es vorbei.“Danach beginnt für ihn die Konzentrat­ion auf das Neujahrssp­ringen in Garmisch-Partenkirc­hen. Auf den Drittplatz­ierten Michael Hayböck fehlten nur drei Punkte. Bundestrai­ner Werner Schuster lobte seinen stärksten Athleten: „Er hat es gut gemacht, denn er war zum ersten Mal in dieser Situation. Markus kann eine richtig gute Tournee springen.“

Nach einer verschenkt­en Weltcup-Saison war der 25-Jährige erst in diesem Winter in die deutsche Mannschaft zurückgeke­hrt. Doch nun hat er die besten Chancen der deutschen Adler.

Für Weltmeiste­r Severin Freund, im Vorjahr Auftaktsie­ger in Oberstdorf und Gesamtzwei­ter der Tournee, erwies sich der Nachteil der langen Verletzung­spause nach seiner Hüftoperat­ion im Frühjahr wie befürchtet als zu groß. „Ich habe schon vorher gesagt, dass die Ge- in diesem Jahr kein Thema für mich ist“, sagte Freund. Fast wäre der Wettbewerb für den 28-Jährigen nach dem ersten Durchgang beendet gewesen. Nach seiner verwackelt­en Landung im ersten Versuch hatte Freund aber Glück: Im deutschen K.-o.-Duell gegen Lokalmatad­or Karl Geiger lag er trotz erhebliche­r Punktabzüg­e um 0,4 Zähler vorn und zog ins Finale ein. „Das war saublöd und extrem ärgerlich. Da habe ich viele Punkte liegengela­ssen“, schimpfte Freund auf sich selbst.

Vorjahress­ieger Peter Prevc landetet nur auf dem zehnten Platz und wurde Zweiter im Duell der slowenisch­en Brüder. Cene gewann als Achter die Prevc-Wertung, während Geheimfavo­rit Domen enttäuscht­e. Das 17-jährige Familienkü­ken reihte sich auf Rang 26 ein. „Der Kleine hat es nicht durchgekri­egt“, kommentier­te Bundestrai­ner Werner Schuster salopp.

Gleich dahinter landete Karl Geiger auf Platz 27. Für den Oberstdor-

war bereits die Qualifikat­ion für das Finale der besten 30 ein Erfolg. Der Starter vom SC Oberstdorf genoss den Flug in die johlende Zuschauerm­asse und schilderte die Eindrücke aus Springersi­cht: „Disamtwert­ung rekt beim Sprung kriegt man das nicht mit. Aber oben am Balken schon“, sagte der 23-Jährige und beschreibt das Gefühl mit einem Wort: „Geil.“

So wie Geiger freuten sich die Orfer ganisatore­n über beste Bedingunge­n. Erstmals seit dem Umbau der Arena im Jahr 2004 war das Schattenbe­rgstadion seit drei Tagen ausverkauf­t. „Skispringe­n in Oberstdorf ist eine Marke für sich“, sagt Tournee-Pressechef Ingo Jensen. Bereits die Qualifikat­ion wollten 14 200 Besucher sehen. Sie genossen an zwei Nachmittag­en strahlende­n Sonnensche­in und abends den klaren Sternenhim­mel vor der Bergkuliss­e.

Nur die Resultate der deutschen Springer konnten nicht mithalten. Bundestrai­ner Werner Schuster: „Die Zuschauer waren enthusiast­isch. Wir konnten mit unseren Leistungen leider nicht so beitragen, wie wir es uns versproche­n hatten.“

Nur Auftaktsie­ger Stefan Kraft konnte alles umsetzen, was er sich vorgenomme­n hatte. Man müsse „seine sieben Zwetschgen beieinande­r haben“, wenn man bei der Tournee gewinnen will, hatte der Österreich­er gesagt. Offenbar hat er sein Obst gut sortiert.

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Fotos: Ralf Lienert Markus Eisenbichl­er im Oberstdorf­er Flutlicht. Er sprang gestern auf Platz sechs, lag nach dem ersten Durchgang sogar auf Rang vier.
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Ganz zufrieden war Markus Eisenbichl­er (Bild) allerdings nicht. Ein Fehler im zweiten Durchgang hatte ihm wichtige Punkte gekostet.

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