Am Ende zu wenig
Am Ende war es die Mehrheit der Österreicherinnen, die Norbert Hofers Traum platzen ließen. Wie hatte doch der 45-Jährige von den Freiheitlichen mit aller Verbissenheit gekämpft, den Stuhl des Bundespräsidenten in der Wiener Hofburg zu erklimmen. Wie war es ihm doch gelungen, die Wut und Enttäuschung seiner Landsleute über die in trauter Eintracht regierenden etablierten Parteien SPÖ und ÖVP für sich zu nutzen. Wie hatte es doch seine Partei geschafft, ihn als den vom Volk gewünschten „Schutzherrn“zu stilisieren. Dann aber reichte Hofers klarer Vorsprung nach dem ersten Wahlgang Ende April zwar, ein politisches Beben auszulösen. Aber für den grundlegenden Richtungswechsel nach rechts war es zu wenig. Die Monate danach gerieten zur demokratischen Pleite, auch des Stils der politischen Auseinandersetzung wegen. Das schier endlose österreichische „Wort des Jahres 2016“sagt schon alles: „Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung“. Erst verlor Norbert Hofer denkbar knapp die Stichwahl. Dann focht seine Partei das Ergebnis wegen diverser Formfehler an, die Stichwahl musste wiederholt werden. Mangelhaft klebende Briefwahlumschläge sorgten dafür, dass sie kurzfristig von Oktober auf Dezember verschoben werden musste.
Der Sieger hieß Alexander Van der Bellen, ein Grüner. Fast schon vergessen ist der Kanzlerwechsel in Wien. Werner Faymann zog im Mai die Konsequenzen aus dem SPÖ-Debakel und übergab an Christian Kern. Joachim Bomhard