Tiefenentspannt im Trubel
Die Karriere von Markus Eisenbichler schien 2012 beendet. Jetzt ist er bester Deutscher bei der Tournee
Garmisch Partenkirchen Der Schatten des Severin Freund war lang im deutschen Skispringen der vergangenen Jahre. Der deutsche Vorspringer feierte große Erfolge, während sich dahinter eine Lücke auftat. Mal war sie größer, mal kleiner. Den Anschluss an die absolute Spitze schaffte bisher aber keiner.
Das scheint sich nun zu ändern. Während Freund nach langer Verletzungspause schwächelt, springt Markus Eisenbichler, 25, bei der Vierschanzentournee ins Rampenlicht und ist als Gesamtvierter bester Deutscher.
Dabei hatte Eisenbichler, der aus dem bayerischen Siegsdorf stammt, das Thema Skispringen fast schon abgehakt. Bei einem Trainingssprung im Sommer 2012 war er in Oberstdorf schwer gestürzt. Die bittere Diagnose: ein Brustwirbel gebrochen, vier weitere angebrochen. „Als ich da unten lag und nichts mehr spürte, habe ich schon daran gedacht, dass es das mit dem Skispringen war“, sagte Eisenbichler einmal.
Der 25-Jährige hatte aber Glück. Die Verletzungen heilten ohne Spätfolgen. Im Krankenhaus fasste Eisenbichler einen Vorsatz: Sollte er es zurück auf die Schanze schaffen, wollte er es mit 100 Prozent Einsatz anpacken. Zuvor habe er im Training oft nur 80 Prozent gegeben und sein Talent verschleudert.
Die neue Einstellung trägt in dieser Saison Früchte. Konsequent verbesserte sich Eisenbichler seit seiner schweren Verletzung. Er stellte sich der Angst vor einem erneuten Sturz – und überwand sie. Schritt für Schritt arbeitete er sich zurück in die deutsche Mannschaft. Im Januar 2014 landete er erstmals wieder in den Top Ten bei einem Weltcupspringen. Nach einem Durchhänger in der vergangenen Saison ist er nun auf einmal der Hoffnungsträger im Team. Seine Bodenständigkeit hat er sich trotzdem bewahrt.
Auch im Trubel der Vierschanzentournee wirkt er tiefenentspannt. „Ganz cool“sei es gewesen, sagte er gestern in Garmisch-Partenkirchen, nachdem er im ersten Durchgang als Letzter oben auf der Schanze gesessen war und unten im weiten Rund 25000 Menschen brüllten und mit ihren Fahnen wedelten.
Am Ende wurde Eisenbichler Vierter und ist damit zumindest bei dieser Tournee aus dem langen Schatten des Severin Freund getreten. Die beiden Springen in Österreich geht er entspannt an: „Ich muss jetzt einfach weiter das machen, was ich bisher gemacht habe. Dann läuft das schon.“
Andreas Kornes