Kritik an de Maizière
Sicherheit Die Länder wenden sich geschlossen gegen Vorschläge des Bundesinnenministers
Berlin Alle gegen Thomas de Maizière. Seine Vorschläge, die Landesämter für Verfassungsschutz zugunsten einer einheitlichen Bundesbehörde aufzulösen, die Befugnisse des BKA auszuweiten und die Bundespolizei zu stärken, werden in der eigenen Partei, beim Koalitionspartner SPD sowie von praktisch allen Landesinnenministern kategorisch abgelehnt.
„Das ist reiner Aktionismus und ein Schnellschuss“, sagt die schwäbische SPD-Innenexpertin Gabriele Fograscher (Donau-Ries) gegenüber unserer Zeitung. Die Große Koalition habe in der Vergangenheit „viel getan“, um die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden zu verbessern und die Reibungsverluste abzubauen. Zwar sei unbestritten, dass die Kooperation von Bundesund Landesbehörden in einem föderalen Staat kompliziert sei, gleichwohl seien dafür keine neuen Gesetze nötig. „Wir müssen die bestehenden Gesetze konsequent anwenden und unsere Sicherheitsbehörden personell und technisch besser ausstatten“, so Fograscher.
Der erfahrene Jurist de Maizière, der selber schon Innenminister von Sachsen war und als langjähriger Teilnehmer der Innenministerkonferenz die Befindlichkeiten seiner Länderkollegen bestens kennt, musste wissen, dass seine Vorschläge nicht nur auf heftigen Widerstand stoßen, sondern auch politisch nicht durchsetzbar sind. Die Länder würden niemals die Kompetenzen für die innere Sicherheit abgeben und dem Bund mehr Kompetenzen einräumen. In Berlin glaubt man daher, dass der Vorstoß des Ministers, der zudem als enger Vertrauter der Kanzlerin gilt, gezielt einen Tag vor der Klausur der CSU-Landesgruppe im Kloster Seeon kam, um der bayerischen Schwesterpartei das Thema zu entreißen und die CSU gezielt unter Druck zu setzen – und dies an einem Punkt, wo es ihr besonders wehtut, bei ihrer Kernkompetenz der inneren Sicherheit. „Das ist ein Schlag gegen Seehofer“, heißt es am Mittwoch bei der SPD, „Merkel und de Maizière wollen die Lufthoheit bei der inneren Sicherheit zurückerobern.“
Unmittelbar nach dem Anschlag in Berlin hatte die Kanzlerin angekündigt, die Ursachen zu analysieren und Konsequenzen zu ziehen. Doch Seehofer war vorgeprescht und hatte den Fall Amri zum Anlass genommen, mit starken Worten eine komplette Neujustierung der Ausländer- und Sicherheitspolitik zu fordern. Nun aber dreht Merkel den Spieß um. Demonstrativ stellt sie sich am Mittwoch hinter ihren Innenminister. Die Kanzlerin sei nicht nur informiert gewesen, dass de Maizière öffentlich Vorschläge zur Verbesserung der inneren Sicherheit mache, sondern sie „hat ihn dazu auch ermutigt“, sagt der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Aus Sicht der Kanzlerin sei dies ein „wichtiger Beitrag“in einer Situation, „die jeder im Lande als schwierig empfindet“. In einer „Zeit neuer Herausforderungen“gehe es um „angemessene Antworten“und nicht darum, ob organisatorische Veränderungen einem angenehm oder unangenehm seien.