Fabelhafte Flossen
Meerjungfrauen und Manatees: Wasserspaß in Weeki Wachee, Florida
Das Lächeln der Nixe sitzt perfekt. Und das, obwohl
Katy Wagner auf dem Trockenen sitzt. Kinder stehen Schlange, um sich mit der Meerjungfrau fotografieren zu lassen. Geduldig beantwortet die Blondine mit der türkisfarbenen Flosse die Fragen der Kleinen. Doch Mermaid, also Meerjungfrau, ist kein leichter Job: minutenlanges Schwimmen, Schauspielen und Tanzen unter Wasser. Dafür braucht es viel Übung. Die Damen haben verschiedene Vorführungen einstudiert. Alle werden bei der Quelle des Weeki-Wachee-Flusses, nördlich von Tampa, gespielt. Das natürliche Becken hat einen Durchmesser von etwa 30 Metern, die Mermaids bewegen sich in fünf bis sechs Metern Tiefe. Das Wasser ist kristallklar, doch die Quelle bleibt bis heute ein Rätsel. „Taucher haben schon mehrfach versucht, sie zu ergründen“, sagt John Athanason, Sprecher des umliegenden State Parks. „Aber in etwa 150 Metern Tiefe mussten sie ihre Tauchgänge immer abbrechen, weil es zu gefährlich wurde, tiefer zu gehen. Der Druck in der Tiefe ist so hoch, dass er den Tauchern die Masken vom Gesicht gerissen hat.“Doch die Mermaids schwimmen schon seit 1947 in dem klaren Wasser. Damals hatte der Schwimmer und Taucher Newt Perry die Idee, in der Quelle eine Show aufzuziehen. Er experimentierte mit Sauerstoffschläuchen unter Wasser, an die die Meerjungfrauen zum Atmen schwammen. „So mussten sie keine Flaschen auf dem Rücken haben.“Die Zuschauer hatten den Eindruck, die Damen tauchten, ohne atmen zu müssen. Das Marketing übernahmen die Mermaids damals selbst: Sobald sich ein Auto nach Weeki Wachee verirrte, eilten die Damen in Badebekleidung auf die Straße und winkten die Gäste heran. Dann sprangen sie in den Pool und zeigten ihre Show. Der kleine Ort entwickelte sich zum Publikumsmagneten: Zahlreiche Filme wurden hier gedreht, Stars wie Elvis Presley kamen zu Besuch. Ende der 1950er-Jahre kaufte ein Fernsehsender den Park und baute einen UnterwasserZuschauerraum für 500 Menschen. Seither hat sich in dem Park nicht viel verändert. Das Gelände um die Quelle ist als State Park vor weiterer Bebauung geschützt. „So ein Theater, wie wir es haben, wird wohl nie wieder gebaut werden“, meint Athanason.
Im Revier der Seekühe
Gleich nebenan kann man in der Buchaneer Bay testen, wie kalt sich 22 Grad in der Sommerhitze Floridas anfühlen. „Die Quelle hat das ganze Jahr über dieselbe Temperatur“, sagt Wagner. Im Winter kommen besonders viele Manatees – Seekühe – zu der Quelle und in den Fluss. Schwimmer können ganzjährig in den zahlreichen Quellen und Flüssen der Umgebung mit Manatees tauchen und sich die wuchtigen Seekühe aus der Nähe anschauen. „Vergangenes Jahr hatten wir 1047 Manatees hier“, sagt Captain Ross, der von Crystal Springs aus mit dem Boot auf die Flüsse fährt. Man ist streng mit den Schwimmern, denn die Seekühe sind geschützt. Allzu zutrauliche Menschen mögen sie nicht. Das Anfassen und Erschrecken der Tiere ist verboten. Ein Neoprenanzug ist Pflicht – nicht wegen der Wassertemperatur, sondern weil man damit besser an der Wasseroberfläche bleibt. Im Sommer machen sich die Seekühe ein wenig rar: „Da sind fast nur Mütter mit ihren Kindern da“, sagt Ross. Und die Kälber müssen sich erst mal daran gewöhnen, jeden Tag kiloweise Grünzeug aus dem Wasser zu ernten. Daher suchen sie sich eher stille Plätzchen und verschwinden schnell, wenn sich Menschen mit Tauchmasken nähern. „Die Manatees können bis zu 50 Stundenkilometer im Wasser erreichen“, weiß Ross. So schnell sind die Mermaids in Weeki Wachee zwar nicht. Dafür sind sie hübscher anzusehen, viel beweglicher und haben immer wieder neue Choreografien parat. Und sie sind das ganze Jahr über in der kühlen, klaren Quelle zu finden – sie nehmen im Sommer garantiert nicht Reißaus.