Trumps erste Niederlage
Amerika Die Justiz stoppt fürs Erste das vom US-Präsidenten verhängte Einreiseverbot für Menschen aus muslimischen Staaten. Lernt der neue Mann im Weißen Haus nun seine Grenzen kennen?
Washington Auch am Wochenende kann Donald Trump den Folgen seiner Entscheidungen nicht entfliehen. Am Samstagabend nahm der Präsident mit seiner Frau Melania in Florida an einem Wohltätigkeitsball des Roten Kreuzes teil, dessen Einnahmen zum Teil an jene Flüchtlinge gehen sollen, die von Trumps Einreisebeschränkungen betroffen sind. Demonstranten, die gegen Trumps Einreisestopp protestierten, belagerten die Veranstaltung. Laut Medienberichten wirkte der Präsident angespannt und wütend. „Wir werden gewinnen“, sagte er den Gästen demnach. Er sei sicher, dass die Justiz den Einreisestopp wieder in Kraft setzten würde. Doch er täuschte sich.
Nach mehreren Einsprüchen von Bundesrichtern hatte Richter James Robart in Seattle am Freitagabend die landesweite Aussetzung des Einreisestopps für Flüchtlinge und Menschen aus sieben muslimischen Ländern aufgehoben. Der Richter argumentierte, es gebe keine rechtliche Grundlage für die pauschale Abweisung von Menschen aus den betroffenen Ländern Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien. Kein einziger Bürger dieser Länder sei in den vergangenen Jahren wegen Terrordelikten in den USA verhaftet worden. Robart betonte, er wolle sich nicht in die Politik einmischen, sondern nur über die Einhaltung von Recht und Gesetz wachen.
Nun rechnen viele damit, dass Trumps Einreisestopp dem obersten Gericht in Washington vorgelegt werden wird. Wie schnell das geschehen wird, ist allerdings unklar. Im Verfassungsgericht herrscht derzeit ein Patt zwischen vier eher konservativen und vier eher liberalen Richtern. Trump hat den konservativen Juristen Neil Gorsuch für einen vakanten Richterposten in dem neunköpfigen Gremium vorgeschlagen. Doch das Bestätigungsverfahren im US-Senat dürfte sich wegen des Widerstandes der Demokraten in die Länge ziehen.
Die US-Behörden folgten der Anweisung von Richter Robart und wiesen die Grenzbeamten an den Flughäfen sowie die internationalen Fluggesellschaften an, zu dem Verfahren zurückzukehren, das vor Trumps Erlass vom 27. Januar galt. Das bedeutet, dass Reisende mit gültigen Visa wieder einreisen dürfen. Nachdem rund 60000 US-Visa wegen des Einreisestopps annulliert worden waren, kamen am Wochenende die ersten Reisenden aus den betroffenen Staaten in den USA an – vor allem viele Iraner und Syrer.
Trump reagierte per Twitter wütend: Er warf Robart vor, die nationale Sicherheit des Landes zu gefährden. „Viele sehr böse und gefährliche Leute könnten in unser Land strömen“, schrieb der Präsident. „Eine furchtbare Entscheidung.“In einem weiteren Kommentar fragte er, was aus dem Land werden solle, wenn ein Richter eine Anweisung der Regierung kippen könne. Vizepräsident Mike Pence verteidigte Trumps Richterschelte mit dem Hinweis, die Amerikaner seien es gewohnt, dass der Präsident offen seine Meinung sage.
Doch auch einige konservative Politiker vermissen bei Trumps Reaktion auf die richterlichen Entscheidungen den nötigen Respekt vor der Gewaltenteilung. Aufseiten der Demokraten ist das Urteil ohnehin vernichtend. Trumps Kritik an Richter Robart demonstriere eine Verachtung gegenüber einer unabhängigen Justiz, sagte Chuck Schumer, Fraktionschef der Demokraten im Senat. Der Demokrat kündigte nun zusätzliche kritische Fragen an Trumps Verfassungsgerichts-Kandidat Gorsuch an. Mit Spannung wird erwartet, wie sich Gorsuch im Senat zum Einreisestopp äußert.