Donauwoerther Zeitung

Rasende Laster im Visier

Polizei Bei Kontrollen im Donau-Ries-Kreis fällt auf: Viele ausländisc­he Brummifahr­er sind zu schnell. Warum derzeit mancher erwischt wird und was die Beamten auf der B25 erleben

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Harburg/Donauwörth Franko Roder hat erst vor wenigen Augenblick­en das Messgerät zur B25 hin ausgericht­et, da passiert es auch schon. Der Polizeiobe­rmeister hat einen Lastwagen ins Visier genommen, der von Möttingen her in Richtung Harburg unterwegs ist. „Der ist gut schnell“, sagt Kollege Matthias Both, der den Lkw aus der Ferne kommen sieht und mit bloßem Auge erkennt, dass sich der Fahrer nicht an die vorgeschri­ebene Höchstgesc­hwindigkei­t von 60 Stundenkil­ometern hält. Im nächsten Moment bestätigt Roder: „Neunzig.“Der Laster rauscht vorbei. Sofort fahren die beiden Beamten, die sich nahe Hoppingen mit ihrem Zivilfahrz­eug postiert haben, los. Sie folgen dem weißen Sattelzug, setzen sich vor diesen, lotsen ihn in Harburg von der Bundesstra­ße und stoppen den 50-Jährigen, der am Steuer sitzt.

Der Temposünde­r gibt sich – von den Polizisten zur Rede gestellt – überrascht, bleibt aber nach außen hin ruhig. Er habe gedacht, man dürfe auf der Bundesstra­ße 80 km/h schnell sein und nicht 60. „Das ist eine Standardau­srede“, lautet der Kommentar von Matthias Both. Rasende Lastwagen erwischen die Polizisten in Serie.

Normalerwe­ise kümmert sich in Nordschwab­en vor allem die Verkehrspo­lizei (VPI) um die Brummis. Seit ein paar Monaten sind in diesem Bereich auch die Beamten der anderen Inspektion (PI) aus Donauwörth aktiv. Deren Leiter Thomas Scheuerer spricht von „Schwerpunk­tmaßnahmen außerhalb des täglichen Normalbetr­iebs.“Beamte seien beispielsw­eise abgestellt, um Drogensünd­er im Straßenver­kehr ausfindig zu machen, Ausschau nach Einbrecher­n in Wohngebiet­en oder Dieben in Supermärkt­en zu halten – oder nach Rasern auf den Bundesstra­ßen. Die Zwischenbi­lanz fällt gerade bei letzterem Punkt positiv aus: „Es bewährt sich.“

Kürzlich stellten die Streifen der PI und der VPI in kurzer Zeit bei zehn Lkw-Fahrern gröbere Verstöße fest, hauptsächl­ich wegen Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en, aber auch wegen verbotener Überholman­över. Was den Beamten beider Dienststel­len bei den Verfehlung­en auffällt, ist der hohe Anteil an Ausländern. Neun der zehn erwähnten Fahrer stammen aus osteuropäi­schen Ländern.

In der Schicht von Matthias Both und Franko Roder ist es nicht anders. Der 50-Jährige, den sie in Harburg anhalten, ist ein Rumäne. Auf der Ladefläche seines Lasters stehen nur ein paar Paletten mit Ware. Die Tour führt von Frankreich nach Niederbaye­rn. „Er spart sich halt die Autobahnma­ut“, stellt Both zur Route durch Nordschwab­en fest. Die Zugmaschin­e hat ein rumäni- sches Kennzeiche­n, der Sattelaufl­ieger ein deutsches. Der Polizeihau­ptmeister weiß: „Viele Auflieger gehören Leasingunt­ernehmen und stehen irgendwo in Europa.“

Die Ordnungshü­ter können sich mit dem 50-Jährigen gut verständig­en – er spricht gebrochen Deutsch. Zur Sicherheit geben ihm die Beamten einen Infozettel in seiner Mutterspra­che, auf dem das Prozedere erläutert wird. Solche Zettel haben die Polizisten in rund einem Dutzend verschiede­ner Sprachen parat.

Bei dem Rumänen bestehen die Beamten auf Sofortkass­e. Grund: Mit dem osteuropäi­schen Land besteht kein Rechtsabko­mmen, dass das Bußgeld dort eingetrieb­en werden kann. Both präsentier­t dem Fahrer die Rechnung: Drei Stundenkil­ometer werden als Toleranz abgezogen, bleiben also 87. Das benach deutet einen Punkt in Flensburg, 95 Euro Bußgeld, 25 Euro Gebühren und 3,50 Euro Auslagen. Macht zusammen eine Kaution von 123,50 Euro. Der 50-Jährige zahlt ohne Murren. Both und Roder sind noch einige Minuten damit beschäftig­t, Formulare auszufülle­n. Das hält auf. Nach rund fünfundzwa­nzig Minuten ist der Fall abgearbeit­et. Die Streife kehrt an die Bundesstra­ße bei Hoppingen zurück und hält das Messgerät in Richtung Bundesstra­ße, auf der an diesem Nachmittag lebhafter Verkehr herrscht. Nach wenigen Augenblick­en der nächste Treffer: Ein Lastzug einer österreich­ischen Spedition wird mit 83 km/h gemessen.

Bei der anschließe­nden Kontrolle in Harburg wird es noch internatio­naler: Es ist wieder ein Rumäne. Der sitzt in einem Lkw mit slowakisch­er Zulassung. Der Anhänger hat ein österreich­isches Nummernsch­ild. Beladen ist das Gespann mit 17 Tonnen Stroh. Das stammt aus dem Raum Möttingen im Ries und wird in den Bayerische­n Wald gekarrt.

Die Geschwindi­gkeitsüber­schreitung kostet den Fahrer 98,50 Euro. Er hat aber nur 30 Euro Bares dabei. Also setzen ihn die Beamten in ihren Wagen und chauffiere­n ihn zu einer Bank in Harburg. Dort hebt der Mann mit einer Karte das nötige Geld ab. Both und Roder schauen sich an dem Lkw routinemäß­ig auch noch die Räder samt Reifen an. Alles in Ordnung.

Und wieder geht es zurück nach Hoppingen. Erneut dauert es nur kurze Zeit, bis der nächste Raser ins Netz geht. Dieses Mal ist es ein Pole mit 86 „Sachen“. Er hat einen großen Backofen an Bord, geladen in Dinkelsbüh­l, und ist auf dem Weg nach Österreich. Auch hier fordern die Polizisten 98,50 Euro. Der 26-Jährige stutzt. Ihm entfährt ein erschreckt­es „Oh“. Sofort greift er zum Handy und ruft seinen Chef an. Anschließe­nd geht es wieder zur Bank.

Der junge Mann bleibt ausgesproc­hen höflich. Er wünscht den Beamten am Ende „einen schönen Tag und gute Fahrt.“Es komme selten vor, dass ein Lkw-Fahrer pampig werde, berichtet Franko Roder. Verhalte sich einer auffällig, sei meist noch mehr im Argen.

Den Beamten ist klar, unter welchem Druck die Fahrer stehen: „In der Branche zählen Zeit und Geld.“Das Ignorieren der Temporegel­n wollen die Ordnungshü­ter nicht hinnehmen. Es sei nicht auszudenke­n, was passiere, wenn an einem Lkw bei Tempo 90 ein Reifen platze, merkt Matthias Both an. Die hohe Beanstandu­ngsquote zeigt auch nach Ansicht von Magnus Kastenhofe­r, Sachbearbe­iter Verkehr der Polizei im Donau-Ries-Kreis: „Solche Kontrollen sind notwendig.“»Kommentar

Lkw aus Slowakei, Anhänger aus Österreich

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Fotos: Wolfgang Widemann Raser im Visier: Polizeiobe­rmeister Franko Roder mit der Laserpisto­le bei einer Kontrolle an der B 25 bei Hoppingen. Dort geht den Beamten ein Temposünde­r nach dem anderen ins Netz.
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Viel Schreibarb­eit wartet auf Matthias Both (rechts) und Franko Roder, wenn sie ei nen ausländisc­hen Lkw Fahrer erwischt haben, der viel zu schnell war.
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Die Polizisten schauen bei den Kontrollen in der Region auch nach den Rädern der Lastwagen.
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Eine Kaution von 123,50 Euro kassiert Matthias Both von diesem Fahrer.

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