Schade, dass Schmidt nicht mitspielt
Interview Derzeit wird der neue Schwarzwald-„Tatort“gedreht. Allerdings ohne den Entertainer. Der hatte kurzfristig abgesagt. Warum sein reales Vorbild, der Freiburger Kripo-Chef, das bedauert
Herr Egetemaier, gerade laufen die Dreharbeiten zum neuen Schwarzwald-„Tatort“. Ursprünglich sollte Harald Schmidt die Rolle des KripoChefs spielen. Sie haben ihn ein bisschen eingelernt. Wie lief das ab? Peter Egetemaier: Wir saßen über drei Stunden zusammen. Das war ein sehr anregendes, angenehmes Gespräch. Ich hatte den Eindruck, dass er sich ernsthaft mit der Rolle beschäftigt, weil er sehr viele Fragen gestellt hat, was die Rolle eines Kripo-Chefs betrifft. Deswegen habe ich es sehr bedauert, dass er die Rolle abgesagt hat.
Wissen Sie, warum er abgesagt hat? Egetemaier: Nein.
Was wollte er von Ihnen wissen? Egetemaier: Er wollte viele Dinge wissen, die meinen Tagesablauf betreffen. Ob in einer Stadt wie Freiburg der Kripo-Chef auch mal mit dem Fahrrad in die Arbeit kommt, was meine Kernaufgaben sind. Es war zu spüren, dass er sich in die Rolle eindenken wollte. Er war noch an einem zweiten Tag in unserem Haus unterwegs. Da hat er sich angeschaut, wie die Kriminaltechnik arbeitet und wie wir den Umgang mit Waffen üben. Und er war auch einem Selbstverteidigungstraining dabei.
Hat Schmidts Nachfolgerin, Steffi Kühnert, auch bei Ihnen angerufen? Egetemaier: Nein. Als ich gelesen habe, dass sie es wird, habe ich selbst im Internet geschaut, wer das ist. Da war wahrscheinlich die Vorlaufzeit zu knapp. Und es ist ja die Frage, ob die Rolle nicht anders angelegt ist, wenn eine Frau sie spielt. Aber ich warte mal ab. Grundsätzlich bin ich natürlich auch da neugierig, wie sie die Chefin spielt.
Es gab ja schon einen „Tatort“aus Freiburg. Hat sich da jemand bei Ihnen gemeldet? Egetemaier: Nein. Damals war Heike Makatsch in der Hauptrolle. Und es gab die Rolle des KripoChefs nicht. Einem Schauspieler einen Eindruck meiner Arbeit zu vermitteln, war also neu für mich.
In ein paar „Tatort“-Folgen ist die Rolle des Kripo-Chefs besetzt. Gefällt Ihnen, was Sie sehen? Egetemaier: Ich sage immer im Spaß, dass die Chefs häufig reduziert werden auf Im-Weg-Stehen, Besserwissen und, wenn es doof läuft, auf die hingebungsvolle Pflege der BüroPflanzen oder des Aquariums. Da hatte ich gehofft, wenn die Rolle mit Harald Schmidt so prominent besetzt wird, dass mehr herauskommt.
Gibt es einen „Tatort“-Chef, den Sie mögen? Egetemaier: Der einzige Chef, der mir spontan einfällt, ist der Wiener Polizeichef. Der versteht sich gut mit Moritz Eisner, dem dortigen Kommissar. Die beiden haben ein fast freundschaftliches Verhältnis, bei allen Auseinandersetzungen. Da ist die Rolle interessant angelegt. Er zeigt mit seinen Sorgen und Nöten, dass er sich für die Sache und seine Beamten interessiert, aber hin und wieder auch in Zwängen ist.
Sie schauen also privat „Tatort“? Egetemaier: Ja. Ich bin seit Jahrzehnten „Tatort“-Gucker. In meiner Generation gehört das am Sonnbei tagabend dazu. Es gibt allerdings ein paar, die gucke ich mir nicht mehr an. Das hat aber nichts mit den Drehbüchern zu tun, da gefallen mir die Charaktere nicht.
Welche denn? Egetemaier: Der etwas verhaltensauffällige Kommissar aus Dortmund etwa, den mag ich nicht. Das ist ganz weit weg von der Realität. Jemand, der sich so verhält, würde bei uns ganz wenige Chancen haben. Wir können leicht schräge Einzelkämpfer nicht gebrauchen. Aber wie alle Kolleginnen und Kollegen habe ich ansonsten nicht den Anspruch, dass alles, was ich sehe, immer schlüssig ist und der Realität entspricht. Mir geht es um Unterhaltung. Und wenn der Plot interessant und gut konstruiert ist, dann stört mich der Rest nicht groß. Am Anfang war ich glühender Anhänger des Münster-„Tatort“, weil ich selbst mal ein Jahr in Münster gelebt habe. Inzwischen geht mir das Pendel teils ein bisschen arg in Richtung Slapstick. Interview: Christina Heller
Zur Person Peter Egetemaier ist Leiter der Kriminalpolizei in Freiburg. Er ist seit 39 Jahren bei der Polizei in Baden Württemberg. die Sarah Brandt physisch wie psychisch fordert. Obwohl sie zunächst von dem vierschrötigen LKA-Chef nur als Borowskis „Kaffeetasse“bezeichnet wird. Aber hier dreht die Ex-Hackerin ein großes Rad. Zusammen mit zwei Typen – Nerd-Karikaturen erster Kategorie – findet sie eine Lücke in der digitalen Wand des Auftragsmörders.
Sibel Kekilli spielt die fast schon besessene Ermittlerin, die sogar in einen stinkenden Schacht steigt, mit Bravour, ohne das Feminine aufzugeben. Rührend die Szene, in der sie dem digital ziemlich unbeleckten Borowski eine virtuelle „Sabine“aufs Smartphone zaubert, die eine gepflegte Konversation draufhat.
Dieser „Tatort“wird das Publikum spalten: Begeisterung wohl bei denen, die auf Ulrich Tukur stehen; Unverständnis bei der Behrendtund Bär-Fraktion. Auf jeden Fall einschalten, zumal es der vorletzte Fall mit Kekilli ist. Rupert Huber