Vorsicht, Hochspannung!
Ein bestechender Roman aus Japan
Der Schüler Shuya Watanabe ist Klassenbester. Bei einem landesweiten Wettbewerb wurde er mit dem dritten Platz für eine kleine, aber perfide Erfindung ausgezeichnet: die „diebstahlsichere Schockbörse“. Wer sich an dem Geldbeutel vergreift, erhält einen Stromschlag. Die Börse spielt in dem Roman „Geständnisse“der Japanerin Kanae Minato eine wesentliche Rolle. Ein kleines Mädchen ist im Schwimmbad der Schule ertrunken, die Tochter der alleinerziehenden Lehrerin. Die stellt einen Zusammenhang her zu der Erfindung ihres Schülers. Vor der Klasse bezichtigt sie an ihrem letzten Arbeitstag Shuya Watanabe des Mordes und seinen Mitschüler Naoki Shitamura als Mittäter.
Schmal, perfide und umwerfend ist auch dieser Roman, in Japan ein Bestseller, der seine eigentliche Geschichte bereits auf den ersten Seiten erzählt, jedoch an jedem Ende eines Kapitels den nächsten, unvorhersehbaren Schlag folgen lässt. Minato wechselt die Perspektiven, lässt Täter zu Opfern werden, Opfer zu Tätern, und konfrontiert jeden mit der Frage nach Schuld und Strafe. Dostojewski wird denn auch mehrfach zitiert. Der Thriller entpuppt sich als Gesellschaftsroman, als eine bewegende Erzählung über Kinder, die unter Lieblosigkeit und Erfolgsdruck leiden und auf der Suche nach Aufmerksamkeit zum letzten Mittel greifen. Vorsicht, Hochspannung!
Stefanie Wirsching
A.d. Japanischen von Sabine Lohmann. C. Bertelsmann, 272 S., 16,99 ¤