Rund, na und?
Fernando Botero Der Bildhauer der Fülle ist 85
Medellín Eine schwer rundliche Frau liegt hüllenlos auf dem Boden. Ein korpulenter Soldat reitet auf einem fülligen Pferd. Und ein üppiger Mann steht nackt auf dem Rücken seiner drallen Gefährtin. Insgesamt 23 Bronzefiguren des kolumbianischen Bildhauers und Malers Fernando Botero stehen und liegen auf der nach ihm benannten Plaza Botero im neuen Medellín. Das neue Medellín, das die niedrigsten Mordraten seit Jahrzehnten aufweist, Touristen anlockt und die Schatten von Pablo Escobars Drogenkartells hinter sich lässt.
Der aus Medellín stammende Botero, heute 85, ist einer der wichtigsten und bekanntesten zeitgenössischen Künstler Lateinamerikas – bekannt für (über-)gewichtige Formen.
„Ich habe nie eine dicke Frau gemalt“, erklärt Botero ironisch. Für ihn ist pralle Rundlichkeit der künstlerische Ausdruck für die Verherrlichung von Sinnlichkeit und Leben. „Ich gebe allem Volumen: einem Tier, einem Mann, einem Pferd, einer Landschaft, was es auch sei. Großzügigkeit und Üppigkeit stehen für mich in enger Verbindung mit der Sinnlichkeit.“
Seinen unverkennbaren Stil begann Botero 1956 in Mexiko zu entwickeln, als er eine Mandoline malte. „Als ich das Loch im Musikinstrument malte, sah ich, dass es sehr klein war und die Mandoline dadurch größer wirkte. Da sagte ich mir: Hier ist etwas geschehen. Ich begann hierüber nachzudenken.“
Boteros Vater starb früh und hinterließ der Familie nur wenig. Ein vom Stierkampf begeisterter Onkel schickte Botero 15-jährig in die Torero-Schule. Doch anstatt mit Stieren zu kämpfen, zeichnete der Junge sie. Er fand Arbeit als Illustrator bei einer Zeitung und gewann einen Kunstpreis in Bogotá. Mit dem Geld reiste er nach Europa, wo er in Italien die Renaissance studierte. In New York wurde er 1969 von zwei deutschen Kunsthistorikern entdeckt, darunter Klaus Gallwitz, der den noch recht unbekannten Künstler nach Deutschland einlud und Ausstellungen mit seinen Werken organisierte. Von da an ging’s bergauf mit der Karriere Boteros.