Bosse will Oberbürgermeister werden
Wahl 2020 Der Stadtrat der Freien Wähler tritt gegen Amtsinhaber Armin Neudert an. Seine Hauptmotivation ist der Frust über dessen Politik in Donauwörth
Donauwörth Der Wahlkampf in Donauwörth hat begonnen – und zwar nicht nur im Hinblick auf die Bundestagswahlen im Herbst. Michael Bosse von den Freien Wählern hat angekündigt, den Kampf um das Amt des Oberbürgermeisters mit dem amtierenden OB Armin Neudert (CSU) aufzunehmen. Zwar wird der Rathauschef erst im Jahr 2020 gewählt, doch der Riedlinger Bosse hält den Zeitpunkt der Ankündigung seiner Kandidatur aus mehreren Gründen für richtig.
Die Entscheidung habe er sich nicht leicht gemacht, denn schließlich ist der dreifache Familienvater selbstständiger Unternehmer und könne sich über mangelnde Auslastung nicht beschweren. Dennoch: Für Michael Bosse sei die Politik der Ort, an dem man die Stadt, das Gemeinwesen, aktiv mitgestalten könne – und dem sehe er sich nachhaltig verpflichtet: „Donauwörth war und ist für mich meine Heimat und es gibt nichts Besseres, als an der Gestaltung seiner Heimat mitwirken zu können.“
Der 47-Jährige sieht seine Geburtsstadt vor „großen Herausforderungen“. Hierzu nennt er etwa die Konversion (die Umwandlung 30-Hektar-Kasernengeländes in eine Wohnsiedlung), den Neubau des Altenheims Bürgerspital, die, wie er sagt „Verkehrsinfarktverhinderung“, die Digitalisierung in der Stadt sowie Bildung und Betreuungsangebote für Familien.
Als drängende Aufgabe, nicht erst seit Kurzem, zählt laut dem Parteifreien die Wohnraumschaffung in Donauwörth. Im Gespräch mit unserer Zeitung kritisiert der Riedlinger, der selbst ein Versicherungsbüro betreibt: „Es herrscht zu wenig unternehmerischer Geist im Rathaus – wir haben aktuell 130 Bauvoranfragen, aber kein Bauland. Die Stadt hätte in der Vergangenheit Grundstücke für die Zukunft kaufen müssen, jetzt haben wir auch keine Tauschflächen für die Bauern.“Sich auf die anberaumten 500 Wohneinheiten auf dem Kasernenareal zu versteifen, reiche nicht aus. Zudem fehle es seit Jahren an einem Gesamt-Verkehrskonzept, welches nicht nur die jüngst von verschiedenen Ratsfraktionen angesprochene Parkplatzproblematik beinhalte.
Zu viel werde im Rathaus auf die lange Bank geschoben. Der Frust darüber sei der Auslöser für ihn, der seit 2014 im Magistrat sitzt, gewesen, bei den kommenden Kommunalwahlen als OB-Kandidat ins Rennen zu gehen. Große Projekte, wie jüngst der verkündete Umzug des Bürgerspitals, würden angestoßen, aber danach heiße es: „Still ruht der See“, wie es Bosse ausdrückt. „In einem Unternehmen wäre so etwas ein unhaltbarer Zustand, wichtige Dinge nicht zu Ende zu führen.“Beim Bürgerspital müsse der Neubau in fünf bis sechs Jahren fertig sein, sonst gerate man in rechtliche Schwierigkeiten am bestehenden Standort. Doch es werde momentan kaum darüber gesprochen: „Es ist eine Sache der Führung, so etwas auf die Agenda zu setzen.“
Als weiteres Beispiel nennt Bosse das Tanzhaus als großes Innenstadtprojekt. Die Vereine und Organisationen verlangten nach einem städtischen Veranstaltungsort, „doch eine Entscheidung zur Zukunft fällt nicht“. Die Themen würden schlichtweg über Monate nicht auf die Tagesordnung gesetzt, auch nicht im Stadtrat – „wir mahnen als Räte diese Themen vier- bis fünfmal an, aber es bewegt sich zu wenig“.
Zudem sei die Stadtpolitik zu intransparent, wie der Parteifreie moniert. Das habe man erst vergangene Woche erlebt, als im Bauausschuss vor wütenden Anwohnern bekannt gegeben wurde, dass im Wohngedes biet Härpferpark bald für zwei Monate der Verkehr durchrauschen wird. Auch er als Ratsherr sei bei jener Sitzung vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Zu viel werde „nachträglich kommuniziert“. Er setze auf mehr Bürgerbeteiligung, in der Art, wie es Alt-OB Alfred Böswald mit dem Stadtmarketing Ende der 1980er-Jahre angestoßen habe. Hier habe man immer wieder auf einen Personenkreis aus der Bürgerschaft zurückgegriffen, um Themen gemeinsam zu erörtern. Als vorbildlich sieht der Freie Wähler Bosse vieles, was Bürgermeister Albert Lohner (CSU) in Mertingen anpackt. Hier werde mitunter etwas riskiert, die Stadt investiere – sie bringe sich beispielsweise aktiv bei der Wohnraumbeschaffung ein.
Die Entscheidung zur OB-Kandidatur sei in den vergangenen Monaten gereift, den Zeitpunkt der Verkündung nennt Bosse den richtigen. Es wäre „plakativ“gewesen, sich erst kurz vor den Wahlen zu erklären: „Die Menschen müssen mich länger testen können. Man muss vom Bürger an dem gemessen werden, was man anstößt.“Die Familie stehe hinter der Entscheidung. Der Donauwörther hat drei Kinder, ist katholisch und im Rotary-Club engagiert. »Kommentar