Warum Hindernisse im Job kreativ machen
Karriere Wer eine Aufgabe mit vielen Beschränkungen schaffen muss, sollte nicht aufgeben, sondern Mut fassen
Ich sitze in verschiedenen Jurys bei Wettbewerben. Es geht etwa darum, die besten Arbeitgeber oder die besten Internationalisierer im Mittelstand auszuzeichnen. Was mir dabei auffällt, ist, dass oft die besten Unternehmen die größten Herausforderungen zu überwinden haben. Also wenig Kapital oder wenige Mitarbeiter haben. Die Gewinner sind oft nicht die Unternehmen mit den besten, sondern mit den herausfordernsten Rahmenbedingungen. Eigentlich unlogisch. Müssten nicht die Unternehmen mit den einfacheren Bedingungen im Vorteil sein?
Das erinnert mich an den Architekten Frank Gehry, den ich in meinem Buch „Hört auf zu arbeiten!“porträtiert habe. Er sagte auf die Frage, was ihn antreibe: „Die Einschränkungen und Begrenzungen! Als Künstler unterliege ich Zwängen, aber innerhalb dieser Grenzen habe ich etwa 15 Prozent Freiheit.“
Aber stellen Sie sich vor, Sie übernehmen eine Aufgabe und 85 Prozent der Faktoren sind vorbestimmt. Für viele ist das wie eine rote Ampel. Sie denken: Was kann ich schon bewegen bei diesen Einschränkungen? Kreativität braucht doch Fülle, nicht Mangel!
Dennoch sind fast alle kreativen Meisterleistungen trotz enormer Einschränkungen erbracht worden. Nehmen wir den David von Michelangelo: ein herausragendes Kunstwerk. Bevor Michelangelo die Aufgabe bekam, die Skulptur anzufertigen, waren schon zwei bekannte Bildhauer daran gescheitert. Und Michelangelo wurde es noch schwerer gemacht. Er bekam zwei Jahre Zeit, musste die Perspektive an den Blickwinkel anpassen und seine Vorgänger hatten den bereitgestellten Marmorblock übel verhunzt. Für den linken Unterarm war kein Steinvolumen mehr vorhanden.
Michelangelo löste alle Probleme. Zum Beispiel ließ er seinen David den linken Arm anwinkeln, für eine andere Armhaltung wäre kein Stein da gewesen. Michelangelo – davon bin ich überzeugt – hat nicht trotz der Einschränkungen sein Meisterwerk geschaffen. Sondern deswegen. Gerade Begrenzungen erzeugen Raum für Kreativität. Es gibt nur drei Grundfarben. Aber unendliche Möglichkeiten, sie zu kombinieren. Die Einengung beschneidet nicht die Lösungen, sondern fokussiert uns und gibt uns einen Rahmen. Er macht es uns möglich, unser Bestes zu geben.