Der Schuh des Anstoßes
Justiz Warum ein berühmter Tennisschuh die ewigen Rivalen Adidas und Puma vor Gericht gebracht hat
Braunschweig Adidas gegen Puma – seit Jahrzehnten sind die beiden Weltunternehmen aus Herzogenaurach erbitterte Rivalen. Das ist umso bemerkenswerter, denn einst wurden die Konzerne von Brüdern gegründet: Seit den 1920er Jahren hatten Rudolf und Adolf „Adi“Dassler im mittelfränkischen Herzogenaurach Schuhe gefertigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg zerstritten sie sich und spalteten die Schuhfabrik. Rudolf gründete 1948 Puma, Adi ein Jahr später Adidas. Es ist eine der spannendsten Episoden der deutschen Wirtschaftsgeschichte, der Kampf der ungleichen Brüder wurde schon mehrfach verfilmt.
Fast 70 Jahre nach der Spaltung standen die Konzerne sich jetzt vor Gericht gegenüber. Vor dem Landgericht Braunschweig ging es um das Design eines Schuhmodells – konkret um die Sohle des AdidasErfolgs-Modells „Stan Smith Boost“, deren Design Puma für sich beansprucht. Puma zog allerdings gestern den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, wie das Gericht mitteilte. Zuvor hatte die zuständige Kammer des Gerichts nach einer vorläufigen Beratung mitgeteilt, dass das „angegriffene Schuhmodell die europäischen Geschmacksmuster der Klägerin“nicht verletze.
Im Unterlassungsantrag von Puma hatte es geheißen, man habe auf Form und Aussehen der Sohle zwei sogenannte Geschmacksmuster angemeldet. Dieser Schutz sei durch die Sohle des „Stan Smith Boost“verletzt worden. In der mehrstündigen Verhandlung habe die Kammer die rechtlichen Aspekte mit beiden Parteien erörtert und dabei auch den Schuh mit einem hinterlegten Bild des Geschmacksmusters verglichen, teilte das Braunschweiger Gericht mit. Ergebnis: Aus Sicht der Kammer seien „wesentliche Unterschiede“zu erkennen.
Aber was ist überhaupt so besonders an der Sohle, dass Puma dafür sogar vor Gericht zieht? Was aussieht wie zusammengeklebte Styropor-Kügelchen, gilt unter Branchenexperten als das Modell der Zukunft. Die Sohle mit der sogenannten eTPU-Technologie soll beim Laufen extrem federn und dem Träger angeblich Energie zurückgeben. Weil das bei den Kunden sehr gut ankommt, geht es um Milliardensummen auf dem Markt.
Anders als bei Patenten, die technische Erfindungen schützen, geht es bei Geschmacksmustern um das Design eines Produktes. Wäre Puma mit seiner Klage durchgekommen, wäre das für Adidas ein herber Schlag gewesen. Denn „Stan Smith“steht stellvertretend für eine Adidas-Erfolgsgeschichte. Der Tennisschuh hat in den vergangenen Jahren einen Hype erlebt wie kaum ein anderer Schuh. Er wurde vor über 45 Jahren entwickelt und ist nach dem US-Tennisspieler Stan Smith benannt, der 1972 Wimbledon gewann – und dabei die neuen Schuhe trug. 2012 nahm Adidas das Modell vom Markt, stellte sogar für kurze Zeit die Produktion ein. Zur New Yorker Modewoche im Jahr 2013 brachte der Konzern den Schuh zurück, verteilte ihn aber zunächst nur an ausgewählte Stars. Der Plan ging auf und der Hype um die Schuhe war größer als je zuvor.
Der schlichte, flache Sneaker wird häufig in Weiß getragen und hat dann nur an Ferse und Lasche kleine Farbtupfer. Anders als bei anderen Adidas-Modellen sind auf diesem Modell nicht die berühmten drei Streifen auf die Seite genäht. Stattdessen sind diese in Form dreireihiger kleiner Löcher ins Material eingestanzt.