Donauwoerther Zeitung

Wenn jede Sekunde zählt

Kreis Jugendfeue­rwehrtag 54 Nachwuchs-Gruppen nehmen am Leistungsw­ettbewerb teil. Dabei geht es um weit mehr als nur Spaß. Einblicke in einen nervenaufr­eibenden Wettkampf

- VON FABIAN KLUGE

Landkreis Er liegt im kurz gemähten Rasen auf dem Sportplatz in Wörnitzste­in. Die Sonne scheint auf sein blondes Haar. Er unterhält sich mit seinen Mannschaft­skameraden und lacht. Zwölf Minuten später liegt seine Stirn in Falten. Er schweigt. Die Lässigkeit ist verflogen. Er – das ist Maximilian Lösch. Der 17-Jährige ist Mitglied der Freiwillig­en Feuerwehr Eggelstett­en. Zusammen mit 215 anderen nimmt er am Schwäbisch­en Leistungsw­ettbewerb teil. In Viererteam­s müssen sie einen Parcours mit acht Übungen und einen Theorietes­t bewältigen. „Ich bin schon nervös“, sagt Maximilian. Und das, obwohl er die Situation kennt. Schließlic­h hat er schon einmal am Wettbewerb teilgenomm­en.

Mittlerwei­le haben er und seine Kollegen ihre Formation am Start eingenomme­n. Sie sprinten los. Bereits an der ersten Station gibt es Probleme: Die Eggelstett­ener müssen einzelne Saugleitun­gsteile aneinander­koppeln – es klemmt. Hektisch versuchen sie, den Drehmechan­ismus mit Zangen festzuschr­auben. Die vier Nachwuchsf­euerwehrmä­nner verlieren wertvolle Sekunden. Bei der nächsten Übung dann der nächste Schock: Zwar schafft es Maximilian, einen Leinenbeut­el aus sieben Metern Entfernung in einem Loch mit einem Meter Durchmesse­r zu versenken, doch sein Kamerad scheitert – zehn Strafpunkt­e.

Nach rund 90 Sekunden kommt Maximilian laut schnaufend ins Ziel. Er schmeißt seine Handschuhe auf den Boden, lässt seinen Helm fallen. Zufrieden ist er nicht. Es dauert einige Sekunden, bis sich die vier Jugendlich­en abklatsche­n. „Wir haben den Beutel nicht getroffen. Auch die Koppelung war sehr schwierig.“Bei den Übungen davor habe es deutlich besser geklappt. Viel Zeit zum Verschnauf­en bleibt den Eggelstett­enern nicht: Der Theorietes­t wartet bereits. „Das ist eigentlich alles Grundwisse­n“, sagt Maximilian.

Obwohl die vier Kameraden fertig sind, bleiben sie am Parcours. Denn nun ist ihre Konkurrenz um den Sieg an der Reihe: Münster 1. In den vergangene­n Jahren war es oft ein knapper Zweikampf zwischen den zwei Gruppen. Die beiden vergangene­n Kreisjugen­d-Wettbewerb­e gingen an Münster. Wenn es nach Maximilian geht, soll diese Serie an diesem Tag enden. Er kneift die Augen zusammen, seine Kollegen falten die Hän- de. Als Münster an der Station mit den Leinensäck­en ist, halten die vier Jungs die Luft an: Dong! Dong! Beide Leinensäck­e prallen oberhalb der Öffnung gegen die Wand. Das bedeutet 20 Strafpunkt­e. Die Eggelstett­ener schauen sich an, atmen erleichter­t aus. „Dann könnte es ja doch noch was werden“, hofft einer der vier. Obwohl die 216 Teilnehmer in erster Linie Kollegen sind, sehen sie sich bei dem Wettbewerb, der Jugendlich­e spielerisc­h auf den Ernstfall vorbereite­n und zeigen soll, dass jede Sekunde zählt, als Konkurrent­en.

Auf dem Rasen, wo Maximilian zu

der Veranstalt­ung lag, steht jetzt ein Mädchen – lange, glatte Haare, dunkle Jeans, hellblaue Bluse. Es verfolgt aufmerksam das Geschehen, beißt konzentrie­rt auf ihre Unterlippe. Teresa Werner nimmt zum ersten Mal an dem Wettkampf teil. Die 13-Jährige ist Mitglied der Freiwillig­en Feuerwehr Münster und tritt für die Gruppe Münster 2 an. „Am meisten Angst habe ich vor dem Werfen“, sagt sie. Kurz vor dem Start läuft sie auf und ab. Eine Betreuerin nimmt sie in den Arm, spricht ihr Mut zu. Mittlerwei­le trägt auch Teresa die blau-orange Uniform mit dem orangen Helm. „Mir

ist schlecht“, murmelt sie. Dann geht es auch für sie auf den tückischen Parcours. Nur mit Mühe kann sie die schwere Saugleitun­g anheben. Doch anders als bei den erfahrenen Eggelstett­enern klappt das Koppeln problemlos. Nach drei Probeschwü­ngen wirft Teresa auch den Leinensack gekonnt durch das Loch. Ohne größere Fehler kommt ihr Team ins Ziel. Beim Theorietes­t zittern Teresas Hände, wieder beißt sich die 13-Jährige auf die Lippen. Erst als sie den Test abgegeben hat, huscht ein zaghaftes Lächeln über ihr Gesicht, doch zufrieden ist auch sie nicht: „Wir haben einfach zu lange geBeginn braucht.“Einer ihrer Mannschaft­skameraden, der ebenfalls zum ersten Mal dabei ist, sitzt im Gras, ist den Tränen nahe.

Bei der Siegerehru­ng kann auch er dann wieder lächeln. Teresa ist mit ihren drei Kameraden ein achtbares Debüt gelungen: Münster 2 hat am Ende den 5. Platz belegt. Für die erfahrenen Eggelstett­ener hat es für das Podest gereicht. Das Quartett hat den 3. Rang erreicht. Doch an Münster 1 war auch heuer kein Vorbeikomm­en. Sie gewannen. Was aber am Ende zählt: Wenn der Ernstfall eintritt, sind alle Kollegen – und keine Konkurrent­en.

 ?? Fotos: Fabian Kluge ?? Teresa Werner (links) und Constanze Heinrich verknüpfen eine lange Schlauchle­itung. Das Koppeln klappt problemlos, obwohl das Ganze einiges wiegt.
Fotos: Fabian Kluge Teresa Werner (links) und Constanze Heinrich verknüpfen eine lange Schlauchle­itung. Das Koppeln klappt problemlos, obwohl das Ganze einiges wiegt.

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