Gefährliche Baumbewohner
Natur Der Eichenprozessionsspinner befällt so viele Eichen in der Region wie nie zuvor. Donauwörth hat Gegenmaßnahmen ergriffen. Förster Michael Fürst gibt Tipps, was Bürger beachten sollten
Donauwörth Es waren nur einige Blätter, die Winfried Schulze im eigenen Garten zusammenrechte und entsorgte, doch am Tag darauf juckten seine Arme und Beine fürchterlich. Übeltäter war der Eichenprozessionsspinner, der sich bei ihm im Garten in der Eiche eingenistet hat. Die etwa 0,3 Millimeter langen Härchen der Raupen enthalten das Nesselgift Thaumetopoein und können Haut und Atemwege reizen und im Extremfall zu schweren allergischen Reaktionen bis hin zu einem anaphylaktischen Schock führen. „Es war schon sehr unangenehm und wenn man sich kratzt, wird alles nur noch schlimmer“, so Schulze. Auch Müdigkeit, Fieber und eine Bindehautentzündung gehören zu den Symptomen.
In Donauwörth sind heuer so viele Eichen befallen wie nie zuvor. Die Stadt reagierte und sperrte erstmals mehrere Wege in Stadtwald für Benutzer. Betroffen sind unter anderem der Bereich des Wildgartens in der Parkstadt und der Edelweißweg. Auswirkungen hat es auch auf den Naturkindergarten „Donauwörther Waldbären“, in dessen Umgebung Eichen stehen. Die Sperrungen werden auch noch einige Tage bestehen bleiben. Die Firma, die die Schädlinge von den Bäumen absaugt, ist derzeit im Stadtgebiet tätig und kann sich voraussichtlich erst ab Mitte kommender Woche um den Befall im Stadtwald kümmern. „Sie werden dann auch nur entlang der Wege die Geniste entfernen, alles andere wäre zu teuer. Allein die Maßnahme im Stadtwald wird wohl zwischen 3000 und 5000 Euro kosten“, sagt Stadtförster Michael Fürst.
Wie effektiv das Absaugen ist, hängt ganz davon ab, in welchem der fünf Stadien seiner Entwicklung sich der Eichenprozessionsspinner befindet. In den ersten beiden hat er die Brennhaare noch nicht, erklärt Fürst. Die Haare enthalten das Gift. Der Donauwörther Stadtwald mit seinen 1050 Quadratmetern Fläche ist ein dankbares Verbreitungsgebiet für das Insekt. 22 Prozent aller Bäume sind Eichen.
Die kleinen Tierchen breiten sich vom Norden Deutschlands immer weiter Richtung Süden aus. Vor zwei Jahren seien die ersten Fälle an Grenze zu Franken aufgetreten, berichtet Rainer Mainka, Leiter des Gesundheitsamtes des Landkreises. So gab es in Munzingen, einem Ortsteil von Wallerstein, einen größeren Vorfall, als der Wind die Nesseln vom Eichenwald ins ein Kilometer entfernte Dorf wehte, wo gerade ein Fest stattfand. Am Tag darauf klagten viele Gäste über dieselben Beschwerden. Dann wurden auch Fälle im Nördlinger Raum bekannt. „Inzwischen ist der ganze Landkreis betroffen, sagt Mainka.
Wie stark der Befall durch den Eichenprozessionsspinner in einer Region ist, hängt ganz entscheidend davon ab, wie das Wetter im Vorjahr war, als die Eiablage erfolgte, so Fürst. Er profitiert von hohen Temperaturen. Zudem fielen der Austrieb der Eichen und das Schlüpfen der kleinen Tierchen heuer zusammen so Fürst. „Ende April gab es noch mal einen Spätfrost, wir hatten gehofft, dass dann noch mal Larven sterben, die sind nämlich im Gegensatz zu den Eiern nicht frostsicher. Der Frost war aber offenbar nicht stark genug.“Für die Eiche selbst sei der Befall keine Gefährdung, so der Förster. Im schlimmsten Fall werde der Baum zwar kahl gefressen, aber die Eiche treibe ab Ende Juni noch einmal aus. Kritisch wird es aber, wenn sich andere Schädlinge ebenfalls an dem Baum zu schaffen machen wie der Eichenprachtder käfer. Bei Munzingen gab es schon Fälle, in denen dieses zum Absterben der Eiche führte.
Und was rät der Fachmann den Bürgern? Entdeckte Nester sollten bei den Gemeinden gemeldet und nicht eigenmächtig entfernt werden, so Fürst. Auch sollten Bürger abgesperrte Bereiche und Hinweisschilder beachten. Wichtig sei auch, Kinder für das Thema zu sensibilisieren, „ohne dabei unnötige Ängste zu schüren.“Der Förster verweist darauf, dass es im Wald auch Nester von Wespen und Hornissen gibt, die für einige Bürger eine Gefahr darstellen und trotzdem meide deshalb fast niemand den Wald.
Fürst geht davon aus, dass der Befall durch den Eichenprozessionsspinner auch in den kommenden Jahren ein großes Thema bleiben wird. Deswegen auf Eichen zu verzichten sei aber keine Option. „Wir brauchen die Eichen, weil sie vergleichsweise gut mit dem Klimawandel zurecht kommen, deswegen werden wir sie auch weiterhin nachpflanzen.“
Schulze wird sich an die Stadt wenden, damit die Gespinst genannten Nester des Eichenprozessionsspinners entfernt werden. „Das ist auch für meine Frau besonders wichtig. Sie hat eine Atemwegserkrankung, deshalb müssen wir darauf achten, dass sie die umherfliegenden Brennhaare nicht einatmet.“