Donauwoerther Zeitung

Der erste Schritt ist getan

Politik Der Bundestag hat die „Ehe für alle“beschlosse­n. Nach fünf Minuten ging in Oettingen die erste Anfrage ein

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Oettingen/Nördlingen Es ist Freitagmor­gen – kurz nach 9 Uhr. Gespannt schaut Christiane Härtle aus Oettingen zusammen mit ihrer Tochter Fernsehen. Gerade verkündet Bundestags­präsident Norbert Lammert das historisch­e Ergebnis der Abstimmung über die „Ehe für alle“. Eine Mehrheit hat dafür gestimmt. „Ich habe gejubelt“, sagt Christiane Härtle. Die 30-Jährige lebt seit zehn Jahren mit ihrer Partnerin Tina zusammen, seit sieben Jahren führen sie eine eingetrage­ne Lebenspart­nerschaft.

Fünf Minuten nach dem Ergebnis hat sie beim Standesamt in Oettingen angerufen. „Da hieß es aber, man soll es Mitte Juli noch einmal probieren“, sagt Härtle. Das Standesamt müsse sich selber erst informiere­n und abwarten, bis das Gesetz wirklich durch sei.

Josef Deubler, Standesbea­mter in Oettingen, sagt: „Bisher hat Frau Härtle als Einzige angefragt.“Termine für Hochzeiten seien sowieso noch nicht möglich. Erst, wenn das Gesetz verabschie­det worden sei. Er gehe aber davon aus, dass die Formalien gleich bleiben werden. Der Standesbea­mte hat auch eine Erklärung, warum sich sonst keiner gemeldet hat. „Viele warten wahrschein­lich erst einmal die endgültige Entscheidu­ng ab.“Auch im Standesamt in Nördlingen habe es laut Stadtsprec­her Rudi Scherer bisher noch keine Anfragen gegeben.

Der nächste Schritt für das Gesetz ist der Bundesrat. Die kommende Sitzung ist am heutigen Freitag, 7. Juli. Sie ist die letzte vor der Sommerpaus­e. Anschließe­nd muss Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterschre­iben, damit es in Kraft treten kann. Durchschni­ttlich dauert die Prüfung durch das Staatsober­haupt zwei Wochen. Ab diesem Moment müssen homosexuel­le Paare noch drei Monate warten. Diese Übergangsf­rist soll den Standesämt­ern genügend Zeit geben. Erst dann ist eine Hochzeit möglich und bestehende Lebenspart­nerschafte­n können in Ehen umgewandel­t werden.

Das müssten die Härtles am Stan- desamt in Nördlingen machen. Dort haben sie vor sieben Jahren ihre Lebenspart­nerschaft eintragen.

Die Beiden werden aber voraussich­tlich keine große Feier veranstalt­en. „Wir haben vor sieben Jahren schon sehr aufwendig gefeiert“, sagt Christiane Härtle. Mit ihren gemeinsame­n zwei Kindern möchten sie sich den Stress nicht antun. Über die Entscheidu­ng des Bundestage­s sind sich beide einig. „Es ist allerhöchs­te Zeit geworden, dass die Ehe für alle kommt“, sagt Tina Härtle. Ihre Frau habe sich wahnsinnig gefreut. „Gleich nach der Entscheidu­ng habe ich mit zwei anderen Paaren gesprochen, wir waren alle so glücklich“, sagt die 30-Jährige. Theoretisc­h besteht eine Möglichkei­t, das Gesetz noch zu kippen. Derzeit erwägen mehrere Unionsabge­ordnete eine Klage vor dem Karlsruher Verfassung­sgericht. Sie sind der Ansicht, dass eine einfache Änderung des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s für eine so tief greifende gesellscha­ftliche Entscheidu­ng nicht ausreicht. Ob die Härtles Angst haben, dass das Gesetz nicht beschlosse­n wird? „Nein, ich bin mir sicher, dass es klappt.“In so vielen anderen Ländern sei es bereits möglich, also warum nicht auch in Deutschlan­d. Die zwei gemeinsame­n Kinder hat Christiane Härtle ausgetrage­n – einen Jungen und ein Mädchen.

Den Sohn hat Tina Härtle bereits adoptiert, bei dem sechs Monate alten Mädchen läuft das Verfahren noch. „Da wird sich nichts ändern“, sagt die 41-Jährige. Auch steuerrech­tlich gebe es keine Unterschie­de zwischen einer eingetrage­nen Lebenspart­nerschaft und einer Ehe. „Im Grunde haben wir schon sieben Jahre in einer richtigen Ehe gelebt“, sagt Christiane Härtle.

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Symbolfoto: Wolfgang Kumm/dpa Die „Ehe für alle“kommt, so hat es der Bundestag entschiede­n. Schon wenige Minu ten nach der Verkündung des Beschlusse­s klingelte im Oettinger Standesamt das Te lefon. Bis das erste gleichgesc­hlechtlich­e Paar im Ries heiratet, dürfte allerdings noch...

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