Langzeitarbeitslose und Migranten finden kaum Jobs
Arbeitsmarkt Hartz-IV-Empfänger profitieren nicht von der boomenden Wirtschaft. Jeder zweite Arbeitslose hat ausländische Wurzeln
Augsburg Jeden Monat, wenn die Bundesagentur für Arbeit die Arbeitsmarktzahlen bekannt gibt, ist zurzeit die Freude groß. Denn der Anteil der Erwerbstätigen wächst und die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Momentan sind knapp 2,5 Millionen Menschen in Deutschland ohne Job und 44 Millionen Menschen in irgendeiner Form erwerbstätig – so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.
Doch es gibt ein großes Aber: bei Menschen mit Migrationshintergrund. Zu ihnen rechnet die Bundesagentur alle, die zugewandert sind oder von denen zumindest ein Elternteil aus dem Ausland stammt. Die Auswertung ergibt: 43,1 Prozent der Arbeitslosen haben einen Migrationshintergrund. Allerdings machen sie nur 21 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. In Süddeutschland liegt die Quote höher: In Bayern etwa haben 46,6 Prozent der Arbeitslosen Migrationshintergrund, in Hessen 57,7 Prozent. Allerdings gibt es hier auch mehr Zugewanderte, erklärt Franziska Meyer, Sprecherin der Arbeitsagentur. Und die Angaben sind – weil sie freiwillig sind – nur vage. In einer aktuellen Statistik aus dem Dezember äußerten sich dazu rund 79 Prozent.
Noch bei einer zweiten Gruppe kommt der Job-Boom nicht an: bei den Langzeitarbeitslosen. Zu ihnen zählt jeder, der länger als ein Jahr keine Arbeit findet. Er bekommt meist Hartz IV. Wie eine Anfrage der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, ergab, tun sich Hartz-IV-Empfänger schwerer, eine Arbeit zu bekommen. Im Jahr 2010 fand noch jeder vierte HartzIV-Bezieher einen Job. Vergangenes Jahr gelang das nur jedem sechsten. Hinzu kommt: Wer einmal zum Kreis der Langzeitarbeitslosen gehört, bleibt dort immer länger. Während die Arbeitssuche eines Hartz-IV-Empfängers 2011 noch 555 Tage dauerte, nahm diese Zeitspanne seitdem bis auf 629 Tage im vergangenen Jahr zu.
Aber warum profitieren diese beiden Gruppen nicht vom aktuellen Aufschwung? Beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung spricht man von „Vermittlungshemmnissen“. So seien Langzeitarbeitslose laut der Expertin Regina Konle-Seidl überproportional häufig 55 Jahre oder älter. Und selbst wer eine Ausbildung, aber länger nicht gearbeitet hat, gelte in Zeiten sich schnell wandelnder Anforderungen als unqualifiziert.
Holger Schäfer, der sich für das Institut der deutschen Wirtschaft mit dem Thema Arbeitslosigkeit beschäftigt, sagt, dass gerade Menschen mit Migrationshintergrund häufig nicht ausreichend qualifiziert seien. Konle-Seidl ergänzt, häufig sei die Sprache ein Problem. „Die gute Nachricht ist, dass man sowohl für die Qualifikation als auch gegen die Sprachprobleme etwas tun kann“, sagt Schäfer. »Kommentar