Nicht nur Holzdeppe grübelt
Leichtathletik Der Stabhochspringer scheiterte an der Anfangshöhe. Die WM-Zwischenbilanz des deutschen Teams fällt mager aus. Und jetzt droht auch noch eine neue Malaise
London Die Altstars reißen nichts, die Jungspunde sind oft noch nicht so weit – und jetzt schwächt und stresst auch noch ein Magen-DarmVirus Sportler und Betreuer. Für den Deutschen Leichtathletik-Verband fällt die Zwischenbilanz bei der Weltmeisterschaft in London ziemlich düster aus. Die Funktionäre sprechen angesichts der gesundheitlichen Probleme von einem Krisenmanagement. Mannschaftsarzt Andrew Lichtenthal nannte gestern insgesamt 13 Fälle bei Athleten und Betreuern in den vergangenen Tagen. Zwei Sportler seien noch in einer 48-Stunden-Quarantäne, deren Startchancen stünden 50:50. „Bei den 13 Fällen ist es wahrscheinlich, dass sie das Noro-Virus haben“, sagte der Mediziner.
Andere Nationen sind längst auch betroffen. „Wir haben eine Ausnahmesituation“, erklärte Chefcoach Idriss Gonschinska. Wegen der Ansteckungsgefahr werden Athleten ausquartiert, die physiotherapeutischen Maßnahmen sind eingestellt. Unsicher sei derzeit, ob der DLV seine Staffeln zusammenbekomme. Die WM-Zwischenbilanz sei zu re- lativieren, „weil es Rahmenbedingungen sind, die wir nicht erwarten konnten“, sagte Gonschinska. Die Frage sei vor allem, wie die WMTeilnehmer darauf reagieren. Für den Deutschen Leichtathletik-Verband fällt die Zwischenbilanz bei der Weltmeisterschaft in London ziemlich düster aus.
Unabhängig von den aktuellen medizinischen Sorgen droht der olympischen Kernsportart droht beim Umbruch im Nationalteam eine ähnlich magere Ausbeute wie in Rio de Janeiro. Die Funktionäre bemühen sich um Gelassenheit. „In der zweiten WM-Hälfte haben wir noch eine Reihe von Medaillenchancen, traditionell sind wir nach hinten raus immer erfolgreicher gewesen“, betonte DLV-Präsident Clemens Prokop.
Nur einmal Silber für Siebenkämpferin Carolin Schäfer – mehr Medaillen sprangen in den ersten sechs Wettkampftagen für die 71 deutschen Teilnehmer nicht heraus. Drei waren es bei Olympia 2016, gleich acht bei der letzten WM 2015 in Peking. Irgendwo dazwischen liegt wohl der wahre Leistungsstand. Am Dienstagabend standen allerdings zwei weitere deutsche Mitfavoriten ratlos in den Katakomben des Olympiastadions: Katharina Molitor, Titelverteidigerin im Speerwurf, enttäuschte als Siebte, Raphael Holzdeppe, Weltmeister von 2013, scheiterte an seiner Anfangshöhe im Stabhochsprung.
Für das Final-Wochenende hat der DLV allerdings noch einige Trümpfe in der Hinterhand: das in der Welt führende Speerwurf-Trio mit Olympiasieger Thomas Röhler, dem deutschen Rekordhalter Johannes Vetter und Andreas Hofmann sowie die Zehnkämpfer Rico Freimuth und Kai Kazmirek. Mit dem zweifachen Kugelstoß-Weltmeister David Storl und Diskus-Olympiasieger Robert Harting waren allerdings zwei erfahrene Athleten leer ausgegangen.
Eine Erkenntnis von London: Die Werfer sind nicht mehr die Medaillengaranten. „Begründet durch den internationalen Wissenstransfer und die weltweiten Talentpotenziale sind die Wurfdisziplinen nicht mehr die alleinige Domäne der europäischen Athleten. Somit wird die Konkurrenzsituation immer größer“, erläutert DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska, verweist aber auf „absolute Weltklasseleistungen“wie jene der fünftplatzierten Lisa Ryzih im Stabhochsprung und Kristin Gierisch im Dreisprung.
Im Dauerregen des gestrigen Abends hat wenigstens Europameisterin Gesa Krause die ersten Schritte zur erhofften Medaille gemacht. Die 25-Jährige aus Trier rannte zum dritten Mal bei Weltmeisterschaften ins Finale über 3000 Meter Hindernis. Auf der Bahn hat der DLV ansonsten nur wenige Chancen auf einen Podestplatz: Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz aus Wattenscheid werden noch Finalchancen eingeräumt.
Zudem hofft die 4x100-MeterStaffel um Gina Lückenkemper auf eine Überraschung. Richard Ringer, der EM-Dritte aus Friedrichshafen, schied hingegen im Vorlauf über 5000 Meter aus. FRAUEN
Die Werfer garantieren keine Medaillen mehr
MÄNNER