Feueralarm ausgelöst: Videobeweis vor Gericht
Junge Erwachsene schleichen sich durch den Hintereingang in eine Disco und werden gefilmt. Jetzt wurde verhandelt
Nördlingen Es war eine typisch jugendliche Spontanaktion: In der diesjährigen Neujahrsnacht sind vier junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren um 2.40 Uhr auf dem Rückweg von einer feucht-fröhlichen Geburtstagsparty. Als sie an einer Disco vorbeikommen, stellen sie fest, dass die Hintertür, ein Fluchtweg, offen steht. Sie gehen spontan einfach hinein und kommen kurz darauf wieder heraus. Bis jetzt war es offiziell Hausfriedensbruch, doch dann setzt der Älteste und nach eigenem Bekunden am meisten Betrunkene noch einen drauf: Im Vorbeigehen rammt er den Ellenbogen in den Feueralarm-Knopf und löst damit einen unnötigen Einsatz für Feuerwehr und Polizei aus.
In der Verhandlung am Nördlinger Amtsgericht unter dem Vorsitz von Richter Andreas Krug wird der Videobeweis angetreten: Auf dem Richtertisch steht ein Fernsehbildschirm, über einen Ausschnitt flimmern die Bilder der Überwachungskamera im hinteren Eingangsbereich der Disco. Das Ganze läuft nicht ab wie im Spielfilm über einen perfiden Überwachungsstaat: Die Mitarbeiter des Lokals filmten die Bilder per Handy ab, speicherten die Aufnahmen auf einem Datenstick und übergaben diesen der Polizei. Der Stick gab nach einiger Zeit seinen Geist auf, die Aufnahmen zeigen vor Gericht nur relativ undeutliche Schemen. Doch ein Nördlinger Polizist versichert als Zeuge, er habe noch die deutlicheren Aufnahmen gesehen, auf denen die Eindringlinge klarer zu erkennen, und schließlich zu identifizieren gewesen seien. Der heute 25-jährige Angeklagte gibt an, sich weder an das Eindringen in die Disco noch an den Heimweg überhaupt erinnern zu können; er erfuhr erst am Abend durch einen Anruf des Polizisten von seiner Missetat. Er und seine drei Begleiter streiten nichts ab. Allesamt sind es drei junge Männer und eine junge Frau aus ordentlichen Verhältnissen mit solider Schul- und Berufsausbildung beziehungsweise Beruf; alle stammen aus dem Ries. Rechtsanwalt Axel Wernitz beantragt, die Anklage auf Missbrauch von Notrufen wegen Geringfügigkeit einzustellen, zumal sich der 25-Jährige bereit erklärt hatte, die von der Stadt geforderten 330 Euro für den Einsatz anstandslos zu bezahlen.
Doch Staatsanwältin Alexandra Krug (mit dem Richter weder verwandt noch verschwägert) lässt nicht mit sich handeln: „So etwas ist kein Scherz – die Feuerwehr rückte an und hätte unter Umständen vielleicht anderswo eingesetzt werden müssen.“Und sie macht klar, dass Alkohol keinerlei BagatellisierungsGrund sei: „Wer so viel trinkt, dass er sich an nichts mehr erinnern kann, hat ohnehin ein Problem.“
Da es sich um einen Ausrutscher ansonsten anständiger junger Leute
Jugendliche zeigen sich einsichtig
handelt, lässt Richter Krug Milde walten: Die drei jüngeren Eindringlinge müssen in Absprache mit dem Kreisjugendamt jeweils 24 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten; der Auslöser des Alarmes hat 25 Tagessätze zu je 60 Euro, also 1500 Euro Strafe zu bezahlen, was zu den 330 Euro Einsatzkosten noch hinzukommt. Alle vier versichern, dass ihnen der Unsinn leid tut und nehmen das Urteil direkt an, wodurch es unmittelbar rechtskräftig ist.