Nasser Spaß und Nervenflattern
Der Sommer ist fast vorbei. Zeit, die Wassersport-Trends für die kommende Saison zu entdecken: Hovercraft, Riesen-SUP, Unterwasser-Scooter und Tubing. Unsere Autorin hat schon mal alles ausprobiert
Sanft schiebt sich eine Welle nach der anderen ans Ufer, eine leichte Brise weht durchs Haar und am Himmel ziehen Möwen ihre Kreise. Wohl kaum ein Urlaubselement begehrt der Mensch so sehr wie das Meer. Doch bis zur Küste bedarf es aus Bayern recht weiter Wege. Die Flucht aus dem Alltag endet häufig an den Seen im nahen Alpenvorland. Die bieten nicht nur ein großartiges Bergpanorama. Chiemsee, Starnberger See oder Ammersee eignen sich für viele Trend-Wassersportarten. Noch bevor die Saison zu Ende geht, haben wir auf Einladung der Messe Interboot am Bodensee in Friedrichshafen WassersportTrends für das Jahr 2018 getestet.
Knatternde Motoren, beißender Benzingeruch und ein Boot, das mit 300 PS über Sand, Stein, Wiese und Wasser dahinfegt. Als Pilot Klaus Bönighausen die Maschine anwirft, ist sofort klar: Mit klassischem Wassersport hat der rasante Rennspaß nur wenig zu tun. Am eigenen Leib spüre ich das, als ich mich wenig später nicht etwa in Bikini oder Neoprenanzug, sondern in festen Schuhen, Spezialhelm und einer überdimensionalen und gut gepolsterten Rennmontur wiederfinde. „Das ist ein Formel-1-Boot. Pass bloß auf, dass du dich immer gut festhältst“, gibt mir Bönighausen kurz vor dem Start noch durch seine Helmöffnung mit.
Einen Augenblick später weiß ich auch, warum: Als das Hovercraft über den See zischt, kralle ich mich so fest in den Rennanzug des Piloten, dass ich meine Fingerkuppen kaum mehr spüre. Mit bis zu 160 Sachen rast Bönighausen normalerweise durch die Rennparcours in seiner Wettbewerbsklasse. Mit mir als Sozia lässt er es ruhig angehen und fährt 80 Stundenkilometer. Trotzdem gilt: Ein Griff daneben und ich würde meterweit ins Wasser geschleudert. Dass der extrem gut motorisierte Wassersport in Mark und Bein geht, merke ich schon nach ein paar Links- und Rechtskehren. Während mein Pilot das Hovercraft kniend mit einer Lenkstange steuert, kauere ich hockend hintendran – und versuche mit aller Kraft, möglichst gut mit in die Kurven zu gehen, um nicht aus dem Gefährt herauskatapultiert zu werden.
Immer wieder spritzt am Boot das Wasser hoch. So richtig merke ich das gar nicht, zu sehr konzentriere ich mich aufs Festhalten. Und vertraue darauf, dass der Pilot alles im Griff hat. Gleich zwei Motoren treiben das Gerät an. Einer lässt es auf einer Art Luftkissen schweben, ein anderer treibt die Turbine an, die das Schnellboot über das Wasser flitzen lässt. Zusammen brauchen sie in 20 Minuten gut 20 Liter Benzin. Wie nass ich geworden bin, spüre ich erst später. Nach fünf Minuten Fahrvergnügen, die sich im Adrenalinrausch viel länger anfühlen, bewege ich mich mühsam auf festem Boden. Mit verkrampften Armen und Beinen schäle ich mich aus der feuchten Rennmontur – und bin sicher: Das will ich als Pilotin selbst ausprobieren! Dann aber mit einem Hovercraft für den Freizeitbedarf und „nur“60 bis 100 PS. Und unter Anleitung in einem Hovercraft-Park in Portugal oder Slowenien. Eine Bremse hat das Gerät nicht – man muss es ausrollen lassen.
Auf fast jedem Baggersee in der Region sieht man Menschen beim StandUp-Paddling, Fans sprechen von SUP. Doch mal abgesehen von der Muskelkraft der Oberarme: Was treibt die Menschen an? Sind sie Eigenbrötler, die auf dem See Ruhe und Zweisamkeit mit dem Brett genießen? Action wird es nicht sein, die Stand-Up-Paddler mobilisiert. Es sei denn, sie paddeln mit einem Riesen-SUP. Kostet es Kraft, alleine auf einem normalen SUP das zu halten, ist es mit sechs anderen auf dem Riesenbrett eine umso wackligere Angelegenheit. In jeder Aktion bin ich darauf angewiesen, dass alle anderen in die gleiche Richtung rudern. Andererseits bin ich nicht allein verantwortlich, wenn ich selbst Fehler mache. Eigentlich eine coole TeambuildingMaßnahme unter Bürokollegen. Ruhe finde ich auf dem Riesen-SUP nicht. Um Gesprächsthemen muss sich auch niemand sorgen, denn zu sagen hat auf dem Brett vor allem einer etwas: derjenige, der im Zentrum steht und nicht paddelt. Er behält den Überblick und steuert.
Markus Rhomberg verleiht SUPs in Lindau, er ist der Anpeitscher. „Und links, und links, und rechts“, kommandiert er. Als Paddlerin vorne links füge mich schweigend in meine Position. Sagt Markus nichts, liegt es an mir, den Takt auf meiner Seite vorzugeben. In der Theorie einfach, immer wieder stoße ich aber an das Paddel meiner Hinterfrau. Markus sagt, wir sollen eine Boje ansteuern. Die erreichen wir zwar, aber nur im Zickzackkurs. Gar nicht so einfach, mit sechs Paddlern geradeaus zu fahren.
Endlich sind wir einigermaßen in Fahrt, da bringt uns der Anpeitscher völlig aus dem Konzept. „Und wechseln! Alle linken Paddler gehen nach rechts und umgekehrt. Ihr wollt doch beide Arme gut trainieren“, ruft er. Zaghaft bewegen wir uns aneinander vorbei. Kurz bevor ich an der neuen Position bin, reißt mich ein Wackler aus dem Gleichgewicht, ich lande auf der Bikinihose. Seitlich schwappt das Wasser über das Brett und macht mich nass. Gut erfrischt, aber mit zittrigen Knien stelle ich mich wieder auf und paddle weiter. Mit guten Freunden könnte eine Fahrt auf dem RiesenSUP sogar richtig lustig werden. Das Brett besorge ich mir dann aber leihweise. Denn für den Neukauf müsste ich bis zu 4000 Euro hinblättern. Das wäre es mir nicht wert.
Einmal ganz entspannt schnorcheln, ohne Anstrengung und ohne hektiGleichgewicht sche Paddelbewegungen unter Wasser. Der Blick ruht auf Seeigeln, wandert zu Korallen und Gesteinsformationen vor der Küste, die volle Konzentration gilt der eigenen Atmung. Und der Antrieb? Der kommt aus einer kleinen Rakete zwischen meinen Armen. Es ist ein Traum: So lässig wie James Bond in Feuerball lasse ich mich vom Unterwasser-Scooter mit bis zu sieben Stundenkilometern ziehen. Meine Arme fest am Lenker, mein Körper schwebt wie von selbst hinterher.
Spektakuläre Farben und klares Wasser wie im Meer suche ich im Bodensee jedoch vergebens. Ein kleiner graubrauner Fisch sieht mir zwischen Wasserpflanzen und Algen in die Augen. Mit Extraantrieb durch das trübe Wasser zu gleiten, ist auf den ersten Metern noch etwas gruselig. Meine Sicht im Wasser des Bodensees ist schlecht, gerade eineinhalb Meter weit erkenne ich, was sich mir nähert. Am Anfang bleibe ich dicht unter der Wasseroberfläche, zu tief will ich noch nicht in den See tauchen. Immer befürchte ich, auf meinem Weg durchs Wasser auf ein Hindernis zu treffen und nicht mehr bremsen zu können.
Dabei habe ich die Geschwindigkeit des Tauchgangs selbst in der Hand. In drei verschiedenen Stufen kann ich die Kraft meiner Rakete dosieren. Meter für Meter taste ich mich voran und gewinne den Mut, mich mit Schnorchel, Taucherbrille und dem Unterwasser-Scooter auch bis an den Grund des Bodensees zu wagen. Und bei aller Stille, die sich unter Wasser bietet, wird es doch noch mal hektisch: Der Schnorchel läuft so voll, dass ich ihn gar nicht mehr leer bekomme. Schnell schieße ich an die Wasseroberfläche, nehme Schnorchel und Brille ab und schnappe nach Luft. Dabei hätte ich mich so gekonnt durchs Wasser bewegen können – wäre ich nur ein wenig sicherer im Schnorcheln. Das nächste Mal vielleicht, dann aber im richtigen Meer mit klarem Wasser. So lohnen sich die 1700 Euro für den Unterwasser-Scooter auch.
Riesen SUP: Ein Wackler und ich lande auf der Bikinihose
Dieser Wassersport-Trend ist mehr Spaß als Sport. Mit voller Wucht lasse ich mich in den Spezial-Wasserreifen plumpsen, prüfe, ob ich wirklich fest sitze und lasse mich von einem Motorboot über den See ziehen. Zuerst dauert es eine Weile, bis das lange Seil zwischen Reifen und Boot auf Spannung steht. Plötzlich geht es mit einem Ruck los. Wie von allein schanzt der Reifen über die Wellen, dabei hopse ich über dem Wasser auf und ab wie ein Flummi. Immer wieder spritzt es mir ins Gesicht. Einmal habe ich kurz den Eindruck, ich könnte hintenüber kippen. Insgesamt ist Tubing eher harmlos, überanstrengen muss sich keiner.