Der BR und das Pornogeschäft
Tatort: Hardcore
ARD, Sonntag, 20.15 Uhr Das Thema ist so neu nicht, aber wenn das
einen „Tatort“in Auftrag gibt zum Thema PornoIndustrie, darf man auf das Ergebnis gespannt sein. Allerdings fällt das ambitionierte Projekt „Hardcore“schon ziemlich früh in sich zusammen. Krimi, Gesellschaftspolitik, München, Drama und Milieustudie – alles zusammengerührt. Das funktioniert bei „Hardcore“, hier begrifflich für harten, drastischen Sex, einfach nicht. Wichtig: Der Kritiker taugt nicht als Moralapostel, aufregen mögen sich andere.
Ein richtiger Krimi ist es sowieso nicht geworden. Ja, es gibt einen Mord. Nach einem Porno-Dreh wird die 25-jährige Marie Wagner mit dem Künstlernamen „Luna Pink“erdrosselt aufgefunden. Und so treibt es die Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) ins Milieu von Porno 2.0. Am Drehort – und da wird es sogar etwas witzig – steht ein Planschbecken stinkenden Inhalts. Batic: „Riecht wie bei uns auf dem Herrenklo.“
Wie ein Rückblick zeigt, verbergen die lüsternen Herren ihre Ge- sichter mit Masken und latschen in schwarzen Socken durch die Billigausgabe eines Sünden-Babels. Warum in diesem piefig-spießigen Ambiente Regisseur und Autor Philip Koch auch noch so etwas wie die Emanzipation der weiblichen Lust sieht, bleibt seine Sache.
Jaja, die Münchner Zeiten der Wohnzimmer-Pornos der 70er Jahre sind vorbei. Wer braucht heute noch DVDs? Da jammern zwei Rivalen vor sich hin – die Hartz-IVKarriere im Blick. Da die Story nun nicht die große Ermittlernummer wird, darf Assi „Kalli“Hammermann (Ferdinand Hofer) mit dem treudeutschen Blick für die Kommisssar-Veteranen den Kenner der Porno-Begriffe spielen und sogar seine erste Verhaftung vornehmen. Allerdings: Die Sprache ist auch Hardcore und um 20.15 Uhr genau wie der Film nicht familientauglich.
Für einen Blick hinter die Kulissen des Geschäfts ist „Hardcore“zu oberflächlich. Zumal es spannendere Themen für den Sendetermin gibt. Emotion findet man lediglich bei den Eltern der Toten, in ihren ratlosen Blicken.