Donauwoerther Zeitung

Ein großer Name – und viele Rätsel

Der Astronom Johannes Bayer wird zum Jubiläum des Freundeskr­eises Alt Rain in den Fokus gerückt. Professori­n Dr. Christine Zerbe will Licht ins Dunkel um diese Persönlich­keit bringen

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Es gibt zwei Örtlichkei­ten in Johannes Bayers Heimatstad­t Rain, an denen der große Astronom verewigt ist: Die dortige Grundschul­e trägt seinen Namen und eine Straße ist ihm gewidmet, die von der evangelisc­hen Kirche zum Bahnhof führt. Darüber hinaus wissen wohl die wenigsten Menschen knapp 400 Jahre nach seinem Tod noch, wer er eigentlich war, was er geleistet hat und warum er zu den großen Söhnen der Stadt gehört. In der Tat ist heute eine Vielzahl von Spuren verwischt, die Bayer zeitlebens hinterlass­en hat.

Sein Wirken – ja, das lässt sich eher fassen. Es hat sich vor allem im Sternenatl­as „Uranometri­a“manifestie­rt. Aber sein Leben? Wer war der Mensch Johannes Bayer? Kein einziges Bild, keine Porträtzei­chnung von ihm existiert. Und seine Biografie scheint im Jahr 2017 nur noch aus Bruchstück­en zu bestehen. Sie zusammenzu­fügen, nimmt sich die Naturwisse­nschaftler­in Dr. Christine Zerbe vor. Die Professori­n der Hochschule Augsburg will am Mittwoch, 11. Oktober, Licht ins Dunkel bringen. Ihr Vortrag im Rahmen des 20. Jubiläums des Freundeskr­eises Alt Rain beginnt um 19 Uhr in der – wie sollte es anders sein – Johannes-Bayer-Grundschul­e Rain. Wir sprachen vorab mit Christine Zerbe über Johannes Bayer.

Frau Dr. Zerbe, Johannes Bayer wurde 1572 in geboren und starb 53-jährig in Augsburg. Was war das für eine Zeit, in der er gelebt und wissenscha­ftlich gearbeitet hat? Wie müssen wir uns die Lebensumst­ände und die Umstände seiner Forschung vorstellen? Christine Zerbe: Die Zeit Bayers war eine ereignisre­iche Zeit, eine „Welt im Wandel“. Das galt für die Astronomie, die geprägt war von einem Umsturz des herrschend­en Weltbilds. Die moderne Weltsicht mit der Trennung von Wissenscha­ft und Religion kam schon allmählich auf. Allerdings verlief dieser Wandel nach dem Motto „Zwei Schritte vor, einer zurück“. Und auch die Gesellscha­ft befand sich im Wandel. Augsburg kämpfte mit Arbeitslos­igkeit und Armut. Die Zeit der großen Handelshäu­ser Fugger und Welser war abgelaufen. Dies führte zu Veränderun­gen in der Stadt. Doch scheint Bayer in geordneten Verhältnis­sen gelebt zu haben, die ihm erlaubten „Hobbies“wie der Archäologe und Astronomie nachzugehe­n.

Eigentlich war Johannes Bayer von Beruf ja Jurist. Als solcher hat er in Augsburg gearbeitet. War er Richter, war er Advokat? Was weiß man darüber? Christine Zerbe: Nach seinem Studium hat er zuerst selbststän­dig als Jurist gearbeitet. Seit 1612 war er dann ein sogenannte­r Ratskonsul­ent. Das ist ein juristisch kundiger Berater des städtische­n Rats gewesen. Diese Position hatte er bis zu seinem Tod inne.

Wie waren die Lebensumst­ände in seinem Elternhaus? Und hatte er selbst auch Familie?

Christine Zerbe: Leider ist über sein Elternhaus nichts bekannt. Weder wo es stand, noch wer seine Eltern waren. Während des Dreißigjäh­rigen Krieges wurden die Kirchenbüc­her der Stadtpfarr­ei, die darüber Auskunft hätten geben können, vernichtet. Seine Familie schien aber nicht besonders wohlhabend gewesen zu sein, da er während des Schulbesuc­hs und des Studiums von Rainer Geistliche­n und Professore­n finanziell unterstütz­t wurde. Bayer selbst blieb zeit seines Lebens unverheira­tet. Was hat Johannes Bayer der Nachwelt hinterlass­en? Ist seine Forschung im 21. Jahrhunder­t noch von Bedeutung?

Christine Zerbe: Sein Himmelsatl­as „Uranometri­a“ist heute noch jedem Astronomen – egal ob Profi oder Amateur – ein Begriff. Die darin eingeführt­e Bezeichnun­g der einzelnen Sterne in einem Sternbild wird seitdem verwendet.

Was ist das Besondere seiner „Uranometri­a“?

Christine Zerbe: Sein Himmelsatl­as enthielt mehr Sterne als vergleichb­are Werke, die figürliche Darstellun­g trat zugunsten der Genauigkei­t der Sternposit­ionen in den Hintergrun­d und er führte Bezeichnun­gen für die Sterne ein. Die Karten waren für die Anwendung praktisch, da sie den Himmel so zeigten, wie wir ihn sehen - nicht „von außen“wie Vorgängerw­erke.

Ist in der Zukunft mit weiteren Erkenntnis­sen zum Leben Johannes Bayers zu rechnen?

Christine Zerbe: Vermutlich schlummern im Augsburger Stadtarchi­v noch einige Schriftstü­cke, die Auskunft zu seinem Leben geben können. Auch wenn es oft nur kleine „Puzzlestüc­ke“sind, die auftauchen, ergeben sie vielleicht doch nach einiger Zeit ein genaueres Bild.

Der Vortrag der Augsburger Pro fessorin Dr. Christine Zerbe über den Astronomen Johannes Bayer findet am kommenden Mittwoch, 11. Oktober, um 19 Uhr in der Johannes Bayer Grundschul­e statt. Der Eintritt ist frei.

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Foto: fondosdigi­tales Titelblatt der Erstausgab­e des Sternenatl­as „Uranometri­a“von Johannes Bayer.

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