Insolvenz ist Mist
Wenn Opposition Mist ist, wie der frühere SPD-Chef Franz Müntefering einmal gesagt hat, ist Insolvenz Riesen-Mist. Unter einer Pleite leiden am meisten Beschäftigte, die erfahren, dass sie im Gegensatz zu einem Teil ihrer Kollegen nicht weiterbeschäftigt werden. Dann kommen bohrend-quälende Fragen auf: Warum behält der Kollege seinen Job und ich nicht? Bin ich schlechter als er? Wie bringe ich das meinem Partner und meinen Kindern bei?
Eine Insolvenz unterzieht die Psyche einem Härtetest. Nach der Pleite des Augsburger Versandhändlers Weltbild saßen Mitarbeiter, die nicht Platz in der neuen Firma fanden, nach Bekanntgabe der Nachricht wie ein Häufchen Elend vor dem Firmensitz. Aus Frust tranken manche Alkohol. Eine Frau sagte: „Ich muss doch meine Kinder versorgen.“Und bis heute haben sich erniedrigende Szenen bei Augsburgern ins Gedächtnis eingebrannt, nachdem der Druckmaschinenhersteller Manroland pleite war. Sie mussten in eine Halle gehen, um – einer nach dem anderen – zu erfahren, ob er noch gebraucht wird oder gehen kann. Viele fühlten sich zu Recht wie Vieh behandelt.
So grausam kann Wirtschaft sein. Insolvenz macht traurig. Das versteht jeder, der Fotos von wütenden und frustrierten Air-Berlin-Beschäftigten sieht, welche nicht zu den Auserwählten gehören, die bei der Lufthansa Aufnahme finden. Tausende müssen darum bangen, zumindest in einer Auffanggesellschaft für neue Job-Chancen trainieren zu können. Das ist entwürdigend, denn auf der anderen Seite soll der erst im Februar von Lufthansa gekommene Air-Berlin-Chef Winkelmann bis zu 4,5 Millionen einstreichen. Insolvenz ist nicht nur Mist, sondern auch ungerecht.