Was der „Koloss auf Rügen“mit Donauwörth zu tun hat
Nationalsozialisten, DDR–Regime und Sowjets waren einst mit dem monumentalen Gebäude befasst. Jetzt hat die Firma Unger dort gearbeitet
Donauwörth Auf einer der schönsten deutschen Inseln, direkt am weißen Sandstrand gelegen, mit weitem Blick auf die Ostsee, steht der „Koloss von Rügen“. Rund 850 Kilometer trennen ihn von der Stadt Donauwörth – und doch gibt es eine Verbindung dorthin, die mit eben jenem Koloss – einem monumentalen Bauwerk – zu tun hat.
Malerischer kann ein Standort für ein Urlaubsdomizil kaum sein als dort, wo er steht: zwischen den Orten Sassnitz und Binz an der Prorer Wiek, einer Meeresbucht auf der Schmalen Heide mit ihrer bewaldeten Hügelkette, der Prora. Das dachten sich vermutlich im Jahr 1936 auch die Nationalsozialisten, als sie exakt diesen Platz für das Ferienheim der Organisation Kraft durch Freude bauten. 20000 Menschen sollten dort gleichzeitig Urlaub machen können. Acht aneinandergereihte Blöcke mit je sechs Stockwerken auf einer Länge von fast fünf Kilometern fügten sich zu diesem vom Größenwahn der Nazis geprägten Monstrum.
Doch die Geschichte wollte es anders, als die Planer und Auftraggeber vorgesehen hatten: Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die Arbeiten am Rohbau eingestellt. Ein Teil des Komplexes wurde als Ausbildungsort für Luftwaffenhelferinnen und als Polizeibataillon genutzt. Weite Teile waren unbewohnbar.
Ab 1944 unterhielt die Wehrmacht dort ein kleines Lazarett. Drei Blöcke wurden zwischen 1945 und 1949 fast vollständig zerstört. Es blieben fünf Blöcke auf einer Länge von etwa 2,5 Kilometern. Gegen Ende des Krieges fanden zahlreiche Flüchtlinge aus den Ostgebieten dort eine Bleibe. Unter dem Regime der DDR begann 1950 der Ausbau des riesigen Gebäudekomplexes, der kurz einfach Prora genannt wird. Er wurde eine der monumentalsten Kasernenanlagen, die nacheinander von der Sowjetunion, der DDR und – nach der Vereinigung – der BRD militärisch genutzt wurde, bis die Bundeswehr vor etlichen Jahren von dort abgezogen wurde. Museen, Galerien und Cafés waren ebenfalls eine Zeit lang dort beherbergt. Doch verfielen die Gebäude mit der Zeit mehr und mehr.
Die Ästhetik der Architektur mag von jeher hinter die Funktionalität des Gebäudes gestellt worden sein. Sachlich, kasernenartig, Hauptsache groß, weitestgehend frei von Charme – so lag der Koloss von Rügen viele Jahrzehnte an der Ostsee. Seit 2004 nun werden die Blöcke zu Wohn- und Hotelanlagen umgestal- und damit weitgehend dem ursprünglichen Nutzen zugeführt. Hell und freundlich sollen sie werden, die Häuserblöcke, von denen jeder einzelne 500 Meter Länge misst.
Für einen von ihnen ist die Donauwörther Firma Unger zuständig. Sie hat den Auftrag für die Estricharbeiten bekommen, da sich der von Geschäftsführer Alexander Unger im Rahmen seiner Dissertation entwickelte Spezialestrich besonders gut für die dortigen Räume eignet. „Ein bautechnisches Problem bestand nämlich darin, dass die Räume nur knapp 2,50 Meter hoch sind und insofern nur wenig Platz für einen modernen Fußbodenaufbau zur Verfügung stand. Die Wärmetet schutzvorschriften haben sich seit 1936 natürlich wesentlich verschärft“, so schildert Unger im Gespräch mit unserer Zeitung. Aus diesem Grund kommt dort nun ein Energiespar- und Sanierestrich aus dem Hause Unger zum Einsatz, der zum einen deutlich dünner verlegt werden kann als herkömmliche Zementestriche, sich zum anderen aufgrund seiner hohen Wärmeleitfähigkeit besonders gut für Fußbodenheizungen eignet.
Die Arbeiten auf Rügen zu bewerkstelligen, war „eine unglaubliche logistische Leistung“, wie sich Alexander Unger erinnert. „Wir mussten alles, vom Sand über Zusatzmittel bis zum Zement, per Fähre dorthin auf die Insel bringen.“Indes hat das Objekt den Aufwand gelohnt, wie der Firmeninhaber bestätigt. Denn neben Schulen, Kindergärten und Privathäusern, die das Unternehmen im Umkreis seiner Standorte Donauwörth, München und Chemnitz projektiert, gibt es eben immer wieder auch besondere Aufträge wie diesen. „So etwas ist schon eine andere Nummer“, sagt Alexander Unger, „es ist immer schön, an einem solchen historischen Objekt mitzubauen.“
In diesem Sinne blickt die Firma auch gerne auf ihre Mitarbeit am Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche zurück, auf die am Schneefernerhaus auf der Zugspitze, an einer Privatvilla in Usbekistan, einer Aldi-Filiale im englischen Swindon bei Bristol, einem Esprit-Shop in Paris und auf vieles andere mehr. Aktuell steht ebenfalls ein bekanntes Objekt im Auftragsbuch des Donauwörther Unternehmens: die Münchner Allianz-Arena.