Ex Landtagsabgeordneter freigesprochen
Johannes Strasser wurde wegen Betruges angezeigt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe
Dillingen/Tapfheim Die Menschen, die wissen, was genau passiert ist, schweigen. Das sind der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Strasser – einst auch Bürgermeister von Tapfheim – und seine Frau, die auf der Anklagebank des Dillinger Amtsgerichtes sitzen. Strassers Anwalt Matthias Egger stellt klar: „Der Vorwurf des Betruges wird abgewiesen. Aber wir machen keine Angaben.“Auch die beiden Rechtsanwälte, die Strasser angezeigt haben, schweigen. Es ist ihr gutes Recht: Anwälte dürfen die Aussage über das verweigern, was sie im Rahmen ihrer Arbeit erfahren haben.
Statt auf Aussagen vor Gericht stützt sich die Verhandlung deshalb auf die Strafanzeige und auf Dokumente in der Akte. Im Raum steht eine Summe von 32000 Euro, die den Anwälten ihrer Meinung nach zusteht. Strasser und seine Frau haben nicht bezahlt – weil sie das Geld nicht haben. Richter Patrick Hecken stellt klar: „Es geht aber nicht um die Zahlungsunfähigkeit, sondern um falsche Angaben.“
Die Anwälte hatten Strasser in einem Zivilprozess vertreten, bei dem sie einen Vergleich verhandelten. 100000 Euro sollte Strasser erhalten. Die Kanzlei hatte ein Erfolgshonorar vereinbart. 25 Prozent des Streitwertes plus die Gerichtskosten von 7000 Euro sollte das Ehepaar überweisen. Allerdings bekam das Ehepaar das Geld aus dem Vergleich nicht. Denn gegen Strasser lagen Pfändungen vor, allein das Finanzamt erhob Anspruch auf mehr als 60 000 Euro. Insgesamt waren die Ansprüche so hoch, dass kein Geld auf seinem Konto landete – und er die Kanzlei nicht bezahlen konnte. Die Erfolgshonorarvereinbarung hatten die Anwälte mit Strassers Ehefrau abgeschlossen. Darin hatte sie unterzeichnet, dass auf die Summe keine Pfändungsbeschlüsse bestünden und sie die Ansprüche nicht abgetreten habe. Doch zu diesem Zeitpunkt müsse das Ehepaar bereits gewusst haben, dass derart hohe Pfändungen anstünden, erklärt Staatsanwalt Benjamin Rüdiger. Das Ehepaar habe die Anwälte getäuscht.
Deshalb fordert er für Strasser und seine Frau eine Haftstrafe von eineinhalb Jahren. „Sie haben keine Einsicht, keine Reue gezeigt“, sagt Rüdiger. Gründe für eine Bewährung sehe er nicht. Den Anwälten gegenüber, die als Zeuge ihre Aussage verweigerten, zeigt er sich verärgert. „Strafanzeige stellen und dann keine Aussage machen, ist ein Unding.“Er fühle sich eingespannt. Seine Ermittlungen würden den Anwälten in einem Zivilprozess helfen, wenn es um die 32000 Euro geht. Und beim Strafprozess unterstützten sie ihn nicht. Hecken entscheidet schließlich, für Betrug seien die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt. Die Frage sei, ob die Anwälte – einer von ihnen ein Duzfreund Strassers – nicht ohnehin von dessen angespannter finanzieller Situation gewusst hätten. Schließlich sei es zu der Erfolgshonorarvereinbarung gekommen, weil Strasser erklärt hatte: „Ich kann den Prozess aus eigenen Mitteln nicht bezahlen.“
Hecken spricht Strasser und seine Frau am Ende frei. „Ich kann nicht ausschließen, dass die Kanzlei den Auftrag auch unter Kenntnis der Umstände angenommen hätte“, sagt er. „Am Ende ging es schief.“Betrug sei das aber nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.