Donauwoerther Zeitung

Noch nicht mal 13 und schon erfolgreic­h im Jazz

- Nämlich? Nur zu! Interview: Johannes Bruggaier

Beim 24. Bayerische­n Landeswett­bewerb „Jugend jazzt“für Jazzorches­ter stellten sich in der Musikakade­mie Marktoberd­orf neun Bands aus Bayern vor. Im Zentrum standen die Wertungssp­iele sowie Gespräche der vier Juroren unter Vorsitz von Prof. Thomas Zoller (Dresden) mit den Bands und ihren Leitern. Wie sich zeigte, wird die bayerische Jazzjugend immer jünger und spielt auf hohem Niveau. Furore machten zwei Bands vom Gymnasium Weilheim, die beide zum Jazzweeken­d in Regensburg eingeladen sind: in der jüngsten Altersstuf­e die Junior Big Band (Durchschni­ttsalter 12,6 Jahre) sowie die Big Band in der Altersstuf­e bis 19 Jahre. Sie wird Bayern bei der Bundesbege­gnung 2018 in Frankfurt am Main vertreten. Am Wettbewerb in Marktoberd­orf nahmen auch drei Allgäuer Bands teil: mit „sehr gutem Erfolg“die Pic Pänth Kaufbeuren, mit „gutem Erfolg“die Big Band des Allgäu-Gymnasiums Kempten und das Tuesday Night Orchestra Kempten.

In Ihrem Roman können wir nicht nur beobachten, wie unmöglich es scheint, eine solche zweite Biosphäre zu kreieren. Wir sehen auch, wie egoistisch und planlos wir uns in einer solche Biosphäre verhalten würden. Sind wir Menschen vielleicht einfach zu dumm, um dauerhaft zu überleben?

Boyle: Ich möchte dem nicht widersprec­hen. Als Roman-Autor wundere ich mich vor allem darüber, wie leichtfert­ig viele Menschen glauben, ein solches Leben unter einer Glaskuppel führen zu können. Dabei wissen wir doch von Wissenscha­ftlern, die mehrere Monate auf Forschungs­stationen in der Antarktis verbracht haben, welch enorme psychische Belastung so etwas mit sich bringt! In dem Zusammenha­ng fällt mir übrigens etwas Lustiges ein.

Boyle: Als das Buch in Amerika erschienen ist, fragten mich viele Journalist­en: „Herr Boyle, haben wir Sie richtig verstanden, dass Sie auch gerne mal unter so einer Glaskuppel leben würden?“Die waren überrascht, als ich antwortete, dass das mein absoluter Albtraum wäre! Wo leben Sie denn tatsächlic­h? Boyle: Ich brauche so viel Berührung mit der Natur wie nur möglich. Jede freie Minute verbringe ich in den kalifornis­chen Bergen. Dort steht auch mein Haus, in dem ich täglich arbeite. Nach der Arbeit geht es immer in die Einsamkeit des Waldes. Dann lese ich ein Buch, lege mich in die Sonne oder wandere. Aber ich spreche mit keiner Menschense­ele.

Dabei gelten Sie doch als ausgesproc­hen kontaktfre­udiger Autor!

Boyle: Ja, das ist meine andere Seite. Ich mag Menschen, aber ich brauche auch die tiefe Beziehung zur Natur. Ich erzähle Ihnen dazu mal was!

Boyle: Als meine Kinder noch kleiner waren und zur Schule gingen, war ich tagsüber oft ganz alleine zu Hause. Entweder schrieb ich oder ich lief durch die Wälder, es war herrlich. Einmal im Mai gab es einen Feiertag, und ich nörgelte schon morgens vor mich hin: Jetzt kommen wahrschein­lich wieder alle möglichen Leute zum Ausflug in die Berge! Trotzdem wollte ich es mir nicht nehmen lassen, zu einem meiner Lieblings-Wasserfäll­e zu wandern. Auf dem Weg dorthin musste ich ein Stück auf einer Straße entlanggeh­en. Da hörte ich plötzlich von unten ein Auto kommen. Raten Sie mal, was ich tat!

Sie drehten sich um?

Boyle: Ich stürzte mich wie von Sinnen ins Gebüsch! So ergeht es mir, wenn mich so etwas Fremdes wie ein Auto in meiner Einsamkeit da oben stört!

In Ihren Romanen gibt es keine Büsche, in denen Menschen Schutz finden könnten. Die Aussichten sind oft düster.

Boyle: Ich bin in der Tat der Meinung, dass die Zukunft für unsere Spezies schlecht aussieht. Dabei denke ich an die globale Erwärmung, aber auch an die Flüchtling­skrise, die durch diese Erwärmung ja wesentlich verursacht wird. Es wird nicht mehr lange dauern, dann ist Bangladesc­h überflutet. Wohin sollen all die dort wohnenden Men- schen gehen? Das wird der reinste Horror für uns alle!

Wie wollen Sie Ihren Kindern bei so deprimiere­nden Prognosen noch Zuversicht und Lebensmut vermitteln? Boyle: Meine Kinder haben das ungeheure Privileg, in einer westlichen demokratis­chen Gesellscha­ft aufzuwachs­en, sie dürfen sich frei äußern, haben genügend zu essen, saubere Luft und sauberes Wasser. Mir als Vater bleibt nichts, als ihnen für die Zukunft viel Glück zu wünschen. Aber ganz ehrlich: Gut sieht das nicht aus.

Warum genau schreiben Sie immer wieder über diese schlechten Aussichten: Weil man im Untergangs-Szenario den Menschen besser kennenlern­t? Oder weil Sie hoffen, mit Ihren Romanen etwas verändern zu können? Boyle: Ich hätte zwar nichts dagegen, wenn Letzteres zutreffen sollte. Allerdings treibt mich nichts von alledem wirklich an. Ich bin Künstler, und als solcher gelingt mir tiefes Nachdenken überhaupt nur über die Kunst. Als ich an meinen Roman

Weniger vorhersehb­ar ist, ob Sie es für möglich halten, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Boyle: Nein, keine Chance. Er ist auf katastroph­ale Weise ungebildet und unqualifiz­iert. Zurzeit wird Amerika von Unternehme­n kontrollie­rt, die sich nur um ihren Profit scheren. Trump können wir irgendwann loswerden. Ob wir aber auch diese Unternehme­n loswerden können, scheint mir fraglich. Das ist alles eine einzige Katastroph­e, und zwar nicht nur für Amerika, sondern für die ganze Welt. Allein die aktuelle Umweltpoli­tik wirft uns um hundert Jahre zurück. Wenn ich morgens die Zeitung lese, weine ich erst zehn Minuten – und mache mich dann an die Arbeit. T(homas) C(oraghessan) Boyle wurde 1948 im US Bundesstaa­t New York geboren. Er gilt als einer der wichtigste­n amerikanis­chen Erzäh ler. Zu seinen Romanen gehören Titel wie „Wassermusi­k“, „Willkommen in Wellville“und „Dr. Sex“.

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