Zwischen Natur und Kinderarbeit
Engagement Sandra Uhl, 21, aus Nordheim und Dominik Dippner, 25, aus Buchdorf sind für sechs Monate in Nepal. Was sie in dem Land machen und erleben
Donauwörth Nordheim/Buchdorf/ Kathmandu Eine stark befahrene Straße, Schlaglöcher so groß wie Badewannen und unendlich viel Staub, aufgewirbelt durch zahlreiche Lastwagen, überfüllte Busse und Zweiräder. Direkt am Straßenrand steht Familie Thapa*: Mutter Martha und ihre beiden Töchter Eva, 8, und Dikki, 15. Martha wäscht gerade die Wäsche, während die Mädchen an der verschmutzten Straße duschen und sich die Zähne putzen.
Eine Szene, wie sie in Nepal üblich ist: Wasseranschluss und Dusche im Haus sind Luxus. Nepal ist ein Land der Gegensätze. Während im nordöstlichen Teil wunderschöne Natur, die höchsten Berge der Welt und kristallklare Bergseen beeindrucken, sieht man in Kathmandu, der Hauptstadt des Landes, Armut, täglich brennende Müllhaufen sowie Abfall auf den Straßen.
Seit September sind wir an der Bona-Fortuna-Vorschule als freiwillige Helfer tätig. Das Besondere an diesem Schulsystem ist, dass auch Kindern eine Grundbildung ermöglicht wird, die aus ärmeren Familien kommen. So zahlen Schüler nur 500 Nepalesische Rupien – umgerechnet rund vier Euro – pro Woche für zwei Mahlzeiten, Schulkleidung und Unterrichtsmaterialien.
Zu unseren täglichen Aufgaben gehörte anfangs, zwei- bis fünfjährige Kinder in Englisch, Schreiben und Zeichnen zu unterrichten. Inzwischen beschäftigen wir uns hauptsächlich mit einer neuen Spendenstrategie für die Schule. Unser Ziel ist es, Bildung mit dem Verständnis für richtigen Umgang mit Müll in Bezug auf Wiederverwertung und Umweltschutz zu verbinden. Dadurch wollen wir den Kindern eine Chance auf eine erfolgreiche Zukunft ermöglichen und somit für ein saubereres Nepal sorgen.
Die Arbeit mit den kleinen Nepalis bereitet uns große Freude. Insbesondere die Momente, wenn sich die Schulkinder an Kleinigkeiten erfreuen. So brachten wir neben Schulmaterialien auch Seifenblasen und Luftballons mit nach Nepal. Die Kinder hatten bei der Seifenblasenjagd oder beim Spielen mit Luftballons viel Spaß.
Es gibt aber auch emotionale Be- gegnungen: Die Bona-Fortuna-Organisation unterstützt die sogenannten Needy-Kids. Diese erlitten alle einen Schicksalsschlag in ihrem jungen Leben. Denn private Schulen in Nepal verlangen rund 24 Euro pro Woche. Es gibt zwar staatlich geführte Schulen, doch diese sind überfüllt, mangelhaft ausgestattet und die Lehrer sind nur unzureichend pädagogisch ausgebildet.
Als Folge des problematischen Schulsystems leidet das Land unter Kinderarbeit. So erging es auch Mutter Martha mit ihren beiden Töchtern, die am Needy-Kids-Programm teilnehmen. Eva, die jüngere Tochter, wurde im Alter von fünf Jahren von ihrem Großvater sexuell missbraucht. Das hinterließ körperliche und psychische Folgen. Aufgrund des Vorfalls tauchte der Vater der beiden Kinder unter und ist bis heute nicht zurückgekommen. In einem Land, in dem hauptsächlich der Mann für den Lebensunterhalt sorgt, hat das weitreichende Folgen.
Als wäre dies alles noch nicht schlimm genug, wurde die kleine Blechhütte der Familie bei dem Erdbeben vor zwei Jahren komplett zerstört und konnte bis heute nicht wieder aufgebaut werden. Momentan lebt die Familie in einem kleinen Zimmer mit nur einem Bett. Dank der Organisation können beide Töchter eine private Schule besuchen. Eva geht momentan in die 2. Klasse, Dikki in die 9.
In naher Zukunft soll sich die Schule vergrößern und das NeedyKids-Programm ausgebaut werden. Ab nächstem Jahr soll sich aus der Vorschule eine reguläre Schule bis zur 8. Klasse entwickeln. Dafür sind allerdings neue Tische, Stühle, Unterrichtsmaterialien sowie zusätzliche Lehrkräfte notwendig.
* Namen wurden geändert Info Das sind die freiwilligen Helfer: Dominik hat in diesem Jahr sein Mas ter Studium im Fach Designmanagement erfolgreich beendet. Sandra arbeitet als Technische Systemplanerin und ist mo mentan für sechs Monate freigestellt. Einer von Dominiks Professoren behaup tete, dass man seine Komfortzone verlas sen müsse, um was Bedeutendes zu errei chen. Die Wahl für Nepal sei daher wegen der starken Kulturunterschiede sowie der anhaltenden Probleme, verursacht durch das schwere Erdbeben im Jahr 2015, ge fallen.