Der Stall als Wohlfühlzone
Experten geben Tipps beim Nordschwäbischen Milchviehtag
Bissingen Für die Milchbauern in der Region waren die vergangenen vier Jahre wie eine Achterbahnfahrt. Mal lag der Milchpreis unter 30 Cent je Kilogramm und in der Spitze kurzzeitig auch mal bei mehr als 50 Cent je Kilogramm.
Das sei für die Bauern eine sehr schwierige Situation, sagte der Wertinger Behördenleiter Magnus Mayer beim Nordschwäbischen Milchviehtag der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus Nördlingen, Wertingen und Mindelheim. Solche Preissprünge führten zur Verunsicherung der Milchviehhalter, die dadurch bei den Erzeugerkosten äußerst knapp kalkulieren müssten. Momentan bewegten sich die Preise auf einem vernünftigen Niveau, sagte Behördenleiter Mayer, doch sollten die Verbraucher sich endlich auch einmal über die Risiken bei der Milchproduktion informieren und nicht immer nur das Thema Tierwohl in den Fokus gesellschaftlicher Kritik stellen.
„Denn wenn es der Kuh gut geht, geht es abgesehen vom wirtschaftlichen Erfolg auch dem Landwirt So seien auch für diesen Nordschwäbischen Milchviehtag Vorträge vorgesehen, die sich eben mit diesen Risiken der Milchviehhaltung und Tierwohl befassten. An der Veranstaltung der Ämter nahmen etwa 150 Landwirte teil, um sich über neueste Erkenntnisse in der Milchviehhaltung zu informieren.
Auf ausreichend Luftzufuhr und Licht achten
Den Anfang der Vortragsreihe machte Johannes Zahner von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub, der sich in seinem Vortrag mit dem Thema „Hitzestress im Milchviehstall befasste. Zunächst ging er auf die Wohlfühltemperatur der Kuh ein. Diese liege zwischen null und 16 Grad Celsius. Bei höherer Stalltemperatur bringe die Abgabe der produzierten Körperwärme Stress für die Kuh mit sich. Je wärmer es ist, desto mehr Wärme wird in Form von Wasserdampf abgegeben, wodurch sich die Luftfeuchte im Stall erhöhe und somit auch der Hitzestress bei den Rindern. „In den beiden letzten Jahren wurden weit über 30 Grad im Sommer erreicht“, sagte Zahner, und für die kommenden Jahre seien weiter steigende Temperaturen prognostiziert. Damit werde sich das Problem des Hitzestresses bei Rindern ausweiten.
Daher sollten die Milchviehhalter im Bereich der Fütterung vor allem auf die Wasseraufnahme der Tiere achten. Um für die Sommermonate den Tieren genügend Flüssigkeit zur Verfügung zu stellen, sollten es maximal 15 Tiere pro Tränke sein. Bei den baulichen Veränderungen seien besonders die Dachneigung, die Dachisolierung und die Querlüftung bei den Ställen entscheidend und zur effektiven Kühlung der Kühe im Sommer böten sich trotz offener Stallseiten, vor allem Axialventilatoren an.
Anschließend erläuterte Gerhard Dorfner von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft München unter anderem, dass die Landwirtschaft im „freien Markt“mit gesellschaftlichen Mehrheitsmeinungen arbeiten müsse. Dies bedeute: „Steigende Ansprüche an die Art der Milchviehhaltung sind die neue dauerhafte Realität und der Rahmen des Marktes.“Unabhängig davon sollte jedoch hohes Tierwohl Grundsatz jeder Art von Viehhalgut“. tung in der Landwirtschaft sein, betonte er.
Mit der Frage „Was sagt die Kuh“Kuhsignale erkennen - Denken - Handeln, befasste sich Tierarzt Michael Schmaußer von der Bestandsbetreuung Bayern bei seinem Vortrag. Dabei forderte er zu Beginn seiner Ausführungen von den Landwirten für Komfort und Stressfreiheit in den Kuhställen zu sorgen. Am besten werde dies durch 24-stündigen Zugang zum Futter und Wasser, genügend Licht, Luft, Ruhe und Platz im Stall, vergleichbar dem Leben auf der Weide, erreicht.
Daneben sei wichtig, bei der Kuh auf versteckte Verletzungen zu achten, die beispielsweise recht häufig an den Sprunggelenken auftreten. Des Weiteren müssten die Tiere in ihren Liegeboxen über genügend Platz verfügen, damit sie problemlos aufstehen können. „Immerhin liegen die Tiere rund 14 Stunden, Fressen sechs Stunden, sollen nicht mehr als zwei Stunden gemolken werden und benötigten rund zwei Stunden für die tägliche Sozialisierung in der Herde“, so Schmaußer fest. Zudem könnten die Milchviehalter am längeren Herumstehen in geduckter Haltung erkennen, dass es den Tieren nicht gut gehe.
Wenn dann auch noch das sogenannte eingefallenen Warndreieck in Höhe des Pansenmagens zu erkennen sei, müsse unbedingt das Fressverhalten der Kuh beobachtet werden. Diese Signale des Unwohlseins können demnach neben dem Fressverhalten auch auf zu wenig Wasseraufnahme oder auch Licht im Stall zurückzuführen sein. Rinder benötigen zwischen 16 und 18 Stunden Tageslicht (200 Lux), was besonders im Winter mit künstlichem Licht ausgeglichen werden müsse. Ein weiteres Signal ist „planloses Herumstehen“im Stall oder nur halber Belegung der Boxen in der Phase des Wiederkauens.
Dies liegt in der Regel an Nässe in den Boxen sowie fehlender Rutschfestigkeit, was dann ebenfalls laut Aussage des Referenten zu mangelnder Futteraufnahme führen kann. Daher sollten auch zum Wohl der Tiere ihre Liegeplätze mit Stroh, Sand oder Sägemehl ausgestattet werden. „Die Milch wird von der Kuh im Liegen produziert und jede Stunde Liegezeit bedeutet ein Liter Milch mehr“, verweist Schmaußer.