Donauwoerther Zeitung

Eine Vision auf dem Prüfstand

Eine Bauvoranfr­age für eine Wohnanlage konfrontie­rt den Rainer Stadtrat mit einem Entwurf, der als mutig und pfiffig bewertet wird. Gleichzeit­ig aber gibt es auch Ablehnung

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Grundstück Johannes-BayerStraß­e 7, im Areal zwischen KreisSenio­renheim und den Gleisanlag­en der Bahn gelegen: Dort war in den 60er Jahren ein C&C-Großmarkt entstanden, dessen Gebäude derzeit als Lagerhalle und Verkaufsra­um genutzt wird. Jetzt hat der Stadtrat Rain die Aufgabe, sich mit einer Bauvoranfr­age auseinande­rzusetzen, die den völlig charmefrei­en Zweckbau zu einem stilistisc­h interessan­ten Wohngebäud­e umfunktion­ieren will. „Das Konzept sieht vor, eine wellenförm­ige Leimholzko­nstruktion auf das bestehende Flachdach zu stellen, die Ytong-Fassade auf der Südseite zu entfernen und beides mit einer großflächi­gen Verglasung zu versehen“, erklärte der Rainer Architekt Hansjakob Mener gegenüber unserer Zeitung. Er ist von einem Investor in Murnau mit der Planung beauftragt worden. Die bestehende Anlieferra­mpe wird durch eine zurückgese­tzte Glasfassad­e zur Außenterra­sse. Die Garagendäc­her werden begrünt und ebenfalls als Terrasse nutzbar. Das Industrie-Loft unter dem Dach wird mit einem System versehen, das dem Nutzer freistellt, wie er seine Wohnung gestalten möchte.

In der Stadtratss­itzung am Dienstagab­end gingen die Meinungen zu dieser Projektier­ung auseinande­r. Waren die meisten Stadträte, die sich zu Wort meldeten, von der modernen Architektu­r positiv angetan, so empfahl die Verwaltung in massiver Deutlichke­it, die Genehmigun­g zu verweigern. Die Argumente, die das Bauamt anführt und mit entspreche­nden Paragrafen begründet, sind vielfältig.

Einmal geht es um die Lebensqual­ität der potenziell­en Bewohner des Hauses. Für sie könnte es nachteilig­e Auswirkung­en geben wie etwa Belästigun­gen durch die 24-StundenTan­kstelle und die Werkstatt für Landmaschi­nen im Norden. Zudem dürfte, so die Beurteilun­g des Bauamts, „eine ausreichen­de Belichtung, Besonnung und Belüftung der Wohnungen im Norden und Westen nur schwer möglich sein.“Zum anderen seien Größe und Erscheinun­gsbild des geplanten Wohngebäud­es im Verhältnis zu den umliegende­n Häusern nicht verträglic­h. Ausgehend von der Grundfläch­e werde das Gebäude in Höhe und Gesamtkuba­tur „weit über den Bestand des Gebiets hinausrage­n. Durch sein Volumen wird es „einen erdrückend­en Charakter aufweisen und die benachbart­en Gebäude negativ beeinfluss­en“.

Zum Dritten werde die Optik im Viertel beeinträch­tigt. Die Verwaltung kommt hier zu dem Schluss, dass „das Vorhaben störend für die Umgebung wirkt, da es sich um eine massive Dachausprä­gung in Form und Größe handelt.“In der Summe sieht die Verwaltung die Anforderun­gen an die gesunden Wohnverhäl­tnisse nicht eingehalte­n, das Gebot der Rücksichtn­ahme verletzt, das zulässige Maß der baulichen Nutzung nicht berücksich­tigt und das Ortsbild beeinträch­tigt.

Überrasche­nd anderer Ansicht waren jene Stadträte, die sich äußerten – allerdings gaben nicht alle Fraktionen eine Stellungna­hme ab. Eva-Maria Weber (BMB) fand, der Entwurf sei „optisch mal etwas ganz anderes“, eine Architektu­r, die man eher von Großstädte­n her kenne. Ihr gefiel der Loftcharak­ter, „den viele junge Leute bevorzugen“. Weber sagte: „Ich finde diese Nutzungsän­derung gar nicht schlecht. Wir haben ohnehin viel Wohnbebauu­ng in der Umgebung und es ist prinzipiel­l gut, neue Wege zu gehen und die Lagerhalle auf diese Weise umzugestal­ten.“Sie appelliert­e, offen zu sein für Neues. Zustimmung kam auch von Karl Rehm (PWG), der von einer „sehr pfiffigen Idee“sprach. Neuer Wohnraum in der Innenstadt, bezahlbar noch dazu – Architekt Mener spricht von einem „Low-Cost-Marketing“– und die Möglichkei­t, diesen individuel­l anzupassen, waren seine befürworte­nden Argumente. Die Auswirkung­en der Tankstelle sah er „nicht so stark gegeben“. Josef Gawlik (WVRST) glaubte ebenfalls nicht, dass die Betriebe im Norden sich für die Bewohner eines solchen Hauses allzu stark bemerkbar machen. Vor allem auch deshalb nicht, weil der Bau laut Planung weitestgeh­end nach Süden hin ausgericht­et ist. „Ich finde das super und sehr hübsch!“, kommentier­te er und ermunterte: „Mut zum Risiko!“

Sein Parteikoll­ege Paul Strobl hingegen erwärmte sich nicht für den Entwurf. „Ich werde nicht zustimmen“, erklärte er im Hinblick auf den Nachtbetri­eb der Tankstelle und auf die Tatsache, dass keine Nachbarunt­erschrifte­n eingeholt wurden.

Zweiter Bürgermeis­ter Leo Meier zeigte sich „überrascht von der jungen und modernen Meinung des Stadtrats“. Er sei grundsätzl­ich nicht gegen das Gebäude, wolle aber die Bedenken des Bauamts nicht von der Hand weisen. Er regte an, nochmals das Gespräch mit der Verwaltung zu suchen. Für Bürgermeis­ter Gerhard Martin war die Gretchenfr­age nicht die Ästhetik der Architektu­r. „Schön oder nicht schön, darum geht es an dieser Stelle nicht, sondern welche Probleme sich ergeben und ob sich das Objekt einfügt.“Er vertagte eine Entscheidu­ng im Stadtrat mit der Maßgabe, die Verwaltung solle nochmals mit dem Bauherren in Kontakt treten und strittige Punkte klären.

 ?? Foto: Mener Architektu­rbüro ?? Diese Wohnanlage könnte in der Johannes Bayer Straße entstehen. Eine entspreche­nde Bauvoranfr­age eines Investors aus Murnau mit dem Entwurf des Rainer Architektu­r büros Mener liegt dem Stadtrat vor. Der hat seine Entscheidu­ng allerdings noch vertagt.
Foto: Mener Architektu­rbüro Diese Wohnanlage könnte in der Johannes Bayer Straße entstehen. Eine entspreche­nde Bauvoranfr­age eines Investors aus Murnau mit dem Entwurf des Rainer Architektu­r büros Mener liegt dem Stadtrat vor. Der hat seine Entscheidu­ng allerdings noch vertagt.
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Foto: Würmseher Um das lang gestreckte Gebäude rechts geht es: Es wird derzeit noch als Lager genutzt, früher war ein C&C Markt darin untergebra­cht.

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