Die Pegel sinken, die Kosten steigen
In Bayern sind nur 30 Prozent der Gebäude gegen Elementarschäden versichert. Für alle übrigen Hausbesitzer wird es im Ernstfall teuer. Zusätzliche Hilfen soll es bald nicht mehr geben
Augsburg Die akute Hochwassergefahr scheint gebannt, doch das Risiko neuer Fluten bleibt bestehen. Das kann sehr teuer werden: Gerade einmal 40 Prozent der Gebäude in Deutschland sind gegen sogenannte Elementarschäden versichert, in Bayern sogar nur 30 Prozent. Alle anderen Hausbesitzer bleiben im Ernstfall auf den Kosten sitzen. Auf staatliche Hilfen sollte niemand mehr vertrauen.
Eine normale Wohngebäudeversicherung reicht nicht aus, betont Sascha Straub, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Bayern. „Ein Elementarschadenschutz ist unbedingt nötig. Wer ihn nicht hat, dem droht der wirtschaftliche Ruin, wenn nach einer Überschwemmung das Haus abgerissen werden muss.“
Ein Grundsatzbeschluss der 16 Bundesländer macht es nun noch dringlicher, sich um den Schutz zu kümmern. Betroffene eines Hochwassers sollen nur noch dann staatliche Gelder bekommen, wenn sie sich zuvor erfolglos um eine Police bemühten oder die Versicherungsangebote wirtschaftlich unzumutbar – sprich zu teuer – waren. Das geht aus dem Protokoll der Länderkonferenz vom 1. Juni 2017 hervor. „Den Verstoß bewerten wir grundsätzlich als positiv, damit sich mehr Hausbesitzer versichern und Absicherungslücken nicht mehr aus Steuermitteln geschlossen werden müssen“, sagt Verbraucherschützer Straub.
Die Bayerische Staatsregierung hat bereits angekündigt, ab Juli 2019 nach Naturkatastrophen keine finanziellen Unterstützungen in Form von Soforthilfen mehr zu gewähren, wenn die eingetretenen Schäden versicherbar waren. Nur Härtefälle im Einzelfall sollen davon ausgenommen bleiben. Auf ihrer Internetseite „Elementar versichern“wirbt das Land für den Abschluss einer Versicherung.
Elementarschutz bedeutet: Der Hauseigentümer ist versichert gegen Schäden durch Hochwasser, Starkregen und Überschwemmungen. Auch andere Naturereignisse wie Schneedruck, Erdrutsch und Erdbeben sind einbezogen. Der Versicherer übernimmt die Kosten für Reparaturen am und im Haus. Dafür muss die Gebäudeversicherung aber explizit um Elementarschäden erweitert sein. Genau daran hapert es meist. Normale Policen greifen nur, wenn der Schaden durch Leitungswasser, Feuer, Sturm oder Hagel entstanden ist.
Nach Angaben des Gesamtverbandes der deutschen Versiche- rungswirtschaft könnte der Elementarschutz „problemlos“für rund 99 Prozent der Gebäude in Deutschland vereinbart werden. Auch für die verbleibenden, besonders gefährdeten Häuser seien fast alle „mit Selbstbehalten oder nach individuellen baulichen Schutzmaßnahmen“versicherbar.
Verbraucherverbände sind da wesentlich skeptischer. Gerade diejenigen, die den Schutz am dringendsten benötigen, stünden mit leeren Händen da. „Bei entsprechendem Risiko, welches der Versicherer vor Vertragsannahme prüft, ist der Elementarschadenschutz nur zu sehr hohen Prämien, meist aber gar nicht zu bekommen“, bemängelt etwa der Bund der Versicherten. Gibt es bereits Vorschäden, stehe der Antragsteller erst recht vor Problemen.
Wer durch die jetzige Hochwasserlage aufgeschreckt ist, sollte zunächst seine bestehenden Versicherungen auf einen Elementarschadenschutz überprüfen, raten die Verbraucherzentralen. Ist die Klausel nicht enthalten, sollten Angebote vom eigenen Versicherer und Vergleichsangebote eingeholt werden. „Erhält ein Interessent keine Angebote, sollte er sich die Ablehnungen schriftlich geben lassen, um seine Bemühungen um einen Versicherungsschutz bei Bedarf belegen zu können“, rät Andreas Gernt, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Der Wunsch nach staatlicher Hilfe lasse sich dann besser begründen.
Dasselbe gilt für Offerten, die einem zu teuer erscheinen, sei es wegen der hohen Versicherungsprämie oder eines hohen Selbstbehaltes. „Kann sich jemand die angebotene Versicherung nicht leisten, rate ich dazu, sich dies unbedingt vom Versicherungsvertreter in das Beratungsprotokoll als Nachweis für später hineinschreiben zu lassen“, sagt Verbraucherschützer Straub.
Ob sich staatliche Stellen davon beeindrucken lassen, steht auf einem anderen Blatt. Welche Versicherungskosten „wirtschaftlich unzumutbar“sind, lässt der Beschluss der Bundesländer offen. Gleichzeitig dürfte mancher vom Hochwasser betroffene Hausbesitzer auch künftig auf staatliche Hilfsgelder vertrauen, wie Straub sagt. „Bei politischem Druck in einem Wahljahr ist es durchaus möglich, dass ein Land dann doch in die Bresche springt.“
Viele würden sich gern versichern, können aber nicht