Sie lief schon für Gucci in Mailand
Julia Mertin aus Donauwörth versucht sich zwischen Schule und Studium als Model. Durch welchen Zufall sie entdeckt wird und was sie von „Germany’s Next Topmodel“hält
Donauwörth Nichtsahnend war Julia Mertin aus Donauwörth vor ziemlich genau drei Jahren mit Freunden in München unterwegs. Sie hatten sich dort zum Shoppen verabredet. Am Stachus tippte ihr plötzlich eine Frau auf die Schulter, sagte, dass ihr die damals 15-Jährige aufgefallen sei. „Ich glaube, ich habe ziemlich komisch und abweisend reagiert“, erinnert sich Julia. Dennoch gab ihr die Frau die Kontaktdaten ihrer Modelagentur. „Am Anfang war ich skeptisch, weil ich ja nicht wusste, ob die Agentur seriös ist. Aber irgendwann habe ich dann dort angerufen“, erklärt Julia.
Drei Jahre später steht sie noch immer bei der Agentur in München unter Vertrag, hat mittlerweile Abitur am Donauwörther Gymnasium gemacht. Bevor sie in diesem Jahr mit dem Studium beginnt, arbeitet sie weiter als Model. „Ich will aber auf jeden Fall etwas Vernünftiges machen, vielleicht ein duales Studium bei der Polizei“, sagt sie.
Bereits zur Schulzeit hat die junge Frau für bekannte Marken gemodelt – unter anderem für Hugo Boss und Marco Polo. „Meistens war ich aber bei sogenannten Test-Shootings, um mein Modelbuch aufzubauen“, erklärt Julia. Das Modelbuch legen die jungen Frauen beispielsweise potenziellen Kunden vor.
Im September 2017 stand der Höhepunkt in Julias bisheriger Modellaufbahn an: Sie lief für Gucci auf der Mailänder Fashion Week. „Im Vorfeld gab es ein Casting. Diejenigen, die es geschafft haben, durften alle Kleidungsstücke anprobieren und schließlich bei der Veranstaltung selbst laufen. Das war bislang definitiv mein größter Erfolg.“Erst kürzlich war Julia wieder für einen Monat in Mailand, wo sie mittlerweile ebenfalls in einer Agentur ist. Kunden besuchen, sich vorstellen, Kontakte knüpfen – das ist entscheidend in der Modebranche.
Mit ihrer Agentur in München habe sie großes Glück, so die gebürtige Kölnerin: „Die Leute dort sind sehr nett und sie achten darauf, dass niemand hungert oder magersüchtig ist. Mittlerweile brauchen wir zudem ein ärztliches Attest, das bescheinigt, dass wir keine Essstörung haben. Wer magersüchtig ist, fliegt bei der Agentur eigentlich sofort raus.“Aber natürlich achte die Agentur dennoch darauf, dass die Models die richtigen Maße – Julia ist übrigens 1,80 Meter groß – haben.
Zu einem gewissen Teil entscheidet die Agentur auch über das Aussehen ihrer Models: „Zunächst wollten sie meine Haare kurz schneiden und grau färben, ein Friseur hat sich dann aber für lang und rot entschieden. Da dachte ich mir schon kurz: Rot – muss das sein? Aber nach drei Wochen hatte ich mich daran gewöhnt“, erinnert sich die junge Frau und ergänzt: „Wahrscheinlich hätte ich ohne die roten Haare auch nie den Job für Gucci bekommen.“Denn neben einer großen und dünnen Figur sei auch ein besonderes Gesicht Pflicht in der Branche.
Fernsehsendungen wie „Germany’s Next Topmodel“kann Julia nichts abgewinnen: „Ich schaue die Sendung zwar, aber nur, weil ich sie lustig finde. Mit der Realität hat diese wenig zu tun, deswegen würde ich auch nie daran teilnehmen.“Zudem hätten die jungen Frauen, die bei diesem Format mitgemacht haben, in der Modelbranche einen schlechten Ruf. Außerdem sei die Sendung extrem oberflächlich. „Klar ist das Model-Geschäft ein Stück weit oberflächlich, weil es eben auf das Äußerliche ankommt, aber der Charakter spielt ebenfalls eine wichtige Rolle“, stellt Julia klar.
Auch Vorurteile, dass Models nicht intelligent seien, ärgern die 18-Jährige: „Ich habe bereits sehr viele andere Models getroffen, die allesamt Abitur haben oder an einer Universität studieren. Aussehen hat schließlich nichts mit Intelligenz zu tun.“
Obwohl auf dem Laufsteg in Mailand oder beim Fotoshooting Kamera und Blicke auf sie gerichtet sind, steht Julia nur äußerst ungern im Mittelpunkt. Sie wirkt bodenständig und bescheiden. Deshalb hat sie einigen Freunden und Verwandten erst vor Kurzem von ihrer Modellaufbahn erzählt: „Meine Freunde finden es ganz cool, meine Familie unterstützt mich, will aber – wie ich auch –, dass ich noch was Richtiges mache“, erzählt Julia. Einen großen Anhänger hat sie trotzdem bereits gewonnen: „Meine Oma ist mein größter Fan. Ihr muss ich immer gleich alles erzählen und Fotos zeigen.“