Gott mit Dir, Du widerspenstiges Land der Bayern
Ein Sonderheft des Hauses der Bayerischen Geschichte betrachtet 100 Jahre Freistaat
Augsburg/München Stark und mächtig steht sie da, die Bavaria hoch oben über der Münchner Theresienwiese. Während ihr Blick hinausgeht ins Land, reckt sie mit der linken Hand einen Lorbeerkranz in die Höhe, zu ihrer rechten Seite sitzt friedlich ein Löwe. „Selbstbewusst! Eigen! Widerspenstig“– all diese Eigenschaften werden den Bayern zugeschrieben. So lautet auch der Titel des neuen Sonderheftes aus der Edition Bayern des Hauses der Bayerischen Geschichte in Augsburg. Auf 132 Seiten durchleuchten Historiker und Fachleute die Rolle Bayerns in der Bundesrepublik.
Wie Bayern ein wurde und was ihn so besonders macht, dies soll auch die Fragestellung für das in Regensburg bis 2019 entstehende Museum der Bayerischen Geschichte sein, kündigt Richard Loibl in der Einführung zur neuen Publikation an. Laut dem Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte bemüht sich die Edition Bayern schon länger dies zu erkunden und tut es nun erst recht zum Jubiläum 100 Jahre Freistaat: „1918 von Kurt Eisner von der abgespalteten USPD erfunden…, 1945 von Wilhelm
Hoegner von der SPD wieder aufgenommen und seitdem als Leitbegriff für die besondere … staatliche Stellung Bayerns in der Bundesrepublik von den CSU-Ministerpräsidenten zum Programm erhoben.“
Wer dies für einen Widerspruch hält, der sei an die Anfänge der jungen Republik erinnert, wo Eigensinn und Teamgeist eine Einheit bildeten. Da spielten bayerische Beamte und Politiker 1948 beim Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee eine wichtige Rolle. An dessen Ende stand bekanntlich das Grundgesetz. Doch als dieses 1949 verabschiedet wurde, lehnte es der Bayerische Landtag ab, akzeptierte es aber als rechtsverbindlich, wenn zwei Drittel der deutschen Länder es annehmen. Das gilt bis heute. Aber so sind sie, die Bayern.
Dabei darf bei aller Politik nicht vergessen werden, dass die Bayern einen „eingeborenen Hang zur Theatralik“haben. Auch das kann nachgelesen werden. Nicht nur den Altbayern wird Theaterbegeisterung nachgesagt. Auch Franken und Schwaben habe der Virus erfasst, heißt es. Die einen verschreiben sich dem Spiel vom Leiden und Sterben Jesu mit Oberammergau als bekanntestem Ort, die anderen erinnern regelmäßig an geschichtliche Ereignisse oder bringen Volkstümliches auf die Bühne. Das „Komödie-Spielen“durchdringe den Alltag: Ludwig Thoma schaute dem Volk für seine Stücke aufs Maul, später Helmut Dietl für seine TV-Serien „Münchner Geschichten“und „Kir Royal“.
Auch Bayerns Monarchen verschrieben sich der Kunst. So stellte Ludwig II. seinem Lieblingskomponisten Richard Wagner ein eigenes Theater auf den Grünen Hügel in Bayreuth. Festspiele und Theatersommer sind feste Bestandteile des Kulturstaats Bayern. Dass zur Hymne Deutschlands auch stets „Gott mit Dir, Du Land der Bayern“erklingt, hat anfangs irritiert, ist aber mittlerweile bei der Abstimmung mit dem Protokoll des Auswärtigen Amtes zur Routine geworden.
Grundsätzlich, so die Diagnose, seien die Bayern ein friedliebendes Volk. Dennoch mucken sie bisweilen auf, wenn etwa atomare Wiederaufbereitungsanlagen gebaut oder Biergärten aus Lärmgründen schon um 21.30 Uhr geschlossen werden sollen.
OBezug Das Sonderheft der Edition Bayern (132 Seiten) kostet 10 Euro und kann über Internet beim Haus der Bayerischen Geschichte bestellt wer den.