200 Jahre Tradition
Der Kirchenchor Genderkingen ist einer der ältesten Chöre in der Region. Der erste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1824. Gesungen aber wird schon länger
Genderkingen Seit 200 Jahren existiert in Genderkingen der Kirchenchor mit ungebrochener Tradition. Er ist damit einer der ältesten Chöre der Region. Der erste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1824. Das – nach Stand der gegenwärtigen Forschungen – zurzeit älteste Dokument über die Existenz des Kirchenchores Genderkingen stammt aus dem Jahre 1824. Bei diesem Dokument, lagernd im Pfarrarchiv Genderkingen, handelt es sich um die „Einkommens-Fassion“des damaligen Schullehrers Josef Köhle (Kehle), verfasst von Pfarrer Sebastian Viktor Karmann, der von 1824 bis 1828 Seelsorger der Gemeinde Genderkingen war.
Handschriftlich vermerkte Pfarrer Karmann auf der Umschlagseite: „Nota – Schon vor drei Jahren verlangt – aber nicht bearbeitet bis nach Anno 1824 durch Pfarrer Karmann“. In der Einkommensaufstellung des Schullehrers von Genderkingen erscheint auf der Seite drei unter der Aufstellung von Nebeneinkünften erstmals der Betrag von 12fl 30kr für die Tätigkeit des Lehrers als Chorregent und Organist. Zusätzlich erhielt Lehrer Köhle vom Pfarrherrn die jährliche Zuwendung von 12fl 40kr für seine Dienste als Messner. Dieser Vermerk über Nebeneinkünfte als Chorregent bestätigt die Existenz eines Kirchenchores in Genderkingen bereits schon vor dem Jahre 1824.
Vorgeschichte des Kirchenchores
Aus der Lebensgeschichte des Schullehrers Josef Köhle (1770-1840) folgernd, darf angenommen werden, dass die eigentliche Gründung des Kirchenchors aber bereits schon vor dem Jahr 1824 erfolgt war. Den Zusatz von Pfarrer Karmann auf der Einkommensfassion dieses Lehrers bewertend, liegt die Gründung des Kirchenchores mit großer Wahrscheinlichkeit sogar schon vor 1821, da Pfarrer Karmann mit der verzögerten Abfassung dieser Einkommensfassion dieses Lehrers einen ja bereits schon existierenden Status belegte. Nach gegenwärtigem Wissen erfolgte die offizielle Gründung des Kirchenchores wahrscheinlich schon in den Jahren zwischen 1818 und 1823, nicht aber vor dem Jahr 1817. Die aus dem Jahr 1817 vorliegende Schuljahresschrift, verfasst von Pfarrer Heinrich Casimir Bauer, verstorben 1818, erwähnt für den Lehrer Josef Köhle bei seiner Einkommensaufstellung keine Tätigkeit als Chorregent.
Es darf somit angenommen werden, dass die Gründung des Kirchenchors auf das Wirken von Pfarrer Josef Anton Stadler zurückzuführen ist, der im Jahre 1818 nach Genderkingen kam und am 9. April 1820 im 66. Lebensjahr an „Schleimschlag“starb, oder auf Pfarrer Johann Michael Sauermann, der ebenfalls wiederum nach kurzer Amtszeit in Genderkingen am 9. Dezember 1823 aufgrund einer Lungenentzündung verstarb. Aus diesem Sachverhalt heraus wird auch verständlich, dass Pfarrer Karmann die geforderte Einkommensfassion des Lehrers Josef Köhle erst mit dreijähriger Verspätung aufstellen konnte.
„Zur Zufriedenheit des Ortes“
Gestützt wird diese These von einer früheren Gründung des Kirchenchores Genderkingen durch eine Fundstelle in der „Topographischen Beschreibung über das vormalige Stift Keisersheim und dessen Pfarrämter“aus dem Jahre 1803, in der die Normalschule von Genderkingen und die Tätigkeit des Lehrers wie folgt beschrieben wird: „Die Normalschule, so wie Unterricht in der Musik gibt der einzige Schullehrer zur Zufriedenheit des Ortes Vorständ und der ganzen Gemeinde. Nur schade, daß sein Eifer und seine Kenntnisse mit einem zu schmalen Auskommen gelohnet werden.“
Durch diese Schrift wird hingewiesen auf den zu dieser Zeit für ein Dorf ungewöhnlichen Tatbestand, dass ein Lehrer Unterricht in Musik erteilt, andernfalls wäre sicher keine Erwähnung erfolgt. Lehrer Josef Köhle besorgte von 1790 bis zu seinem Ableben anno 1840 den Schuldienst in Genderkingen und war wohl während dieser ganzen Zeit auch musikerzieherisch tätig. So liegt auch die Annahme sehr nahe, dass er seine Schüler so unterrichtete, dass sie ihn bei seiner Kirchenmusik unterstützen konnten, wodurch auch die Annahme einer offiziellen Chorgründung vor 1824 gestützt wird.
Die Schullehrer waren zugleich Chorregenten
Der zweite Nachweis datiert aus dem Jahre 1831: Auf der Einkommens-Fassion von 1824 findet sich unter dem Vermerk von Pfarrer Karmann ein weiterer Eintrag in der Handschrift von Pfarrer Leonhard Mertl (1828-1835 in Genderkingen), mit einem Verweis auf eine neuerliche Einkommensfassion im März 1831 in Form eines „Etats“. Dieser Etat, mit der Unterschrift von Pfarrer Mertl, liegt ebenfalls im Pfarrarchiv Genderkingen auf. Nach dieser Aufstellung bekam Lehrer Josef Köhle an Nebeneinkünften für seine Tätigkeit als Chorregent, Kantor und Organist in den Jahren 1830/1831 von der Gemeinde unverändert 12fl 30kr in Geld, dazu von Pfarrer Mertl zusätzlich 4fl und weitere Einkünfte in Naturalien.
Aus der aus dieser Zeit üblichen Stellenbeschreibung für Schulstellen ist bekannt, dass der jeweils dem Pfarrbezirk zugehörende Lehrer alle anfallenden kirchenmusikalischen Dienste wahrzunehmen hatte, so auch in Genderkingen. Damit lässt sich anhand der Liste der Lehrer der Gemeinde Genderkingen auch die Chorregententätigkeit beim Kirchenchor Genderkingen lückenlos bis in das Jahr 1939 belegen.
Im Jahr 1939 wurde dann der damalige Chorleiter des Kirchenchores Hauptlehrer Theodor Leißl zum Militärdienst eingezogen. Von 1939 bis 1945 führte – aufgrund dieser Umstände – seine Frau Bernhardine Leißl den Kirchenchor als dreistimmigen Frauenchor weiter, ehe Theodor Leißl nach seiner Rückkehr im Jahre 1945 den Chor wieder übernahm und bis zu seinem Tod im Jahre 1975, sieben Jahre über seine Pensionierung als Lehrer hinaus, weiterführte. Nach seinem Ableben übernahm der damals neu installierte Pfarrer Josef Kudella selbst die Leitung des Chores, bis er im Jahr 1982 nach Riedlingen/Donauwörth versetzt wurde. Nach Pfarrer Kudella leitete Alruna Höger-Latzel über 25 Jahre diesen Chor bis zum Auslaufen ihres Vertrages mit der Diözese Augsburg anlässlich ihrer Ruhestandsversetzung im 75. Lebensjahr im Mai 2007. Ab Juni 2007 nun wird der Kirchenchor Genderkingen vom Kirchenmusiker Max Höringer aus Niederschönenfeld geleitet.