Wann hat das Schniefen ein Ende?
Die Grippe hat Bayern fest im Griff, die Wartezimmer vieler Ärzte sind voll. Aber eine Expertin macht Hoffnung, dass das Schlimmste überstanden ist
Augsburg In ganz Bayern schniefen und husten seit Wochen Kinder, Erwachsene und Senioren um die Wette – die Wartezimmer vieler Praxen platzen aus allen Nähten. „Dieses Jahr ist außergewöhnlich: Meine Kollegen und ich haben gerade erheblich mehr Patienten als sonst um diese Zeit“, berichtet Dr. Jakob Berger, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands in Schwaben. Bestätigt wird er durch aktuelle Zahlen des Robert-KochInstituts. Mithilfe eines sogenannten Praxisindex wird dort verdeutlicht, wie viele Menschen wegen akuter Atemwegserkrankungen einen Arzt aufsuchen. Aktuell ist dieser Index so hoch wie seit Jahren nicht mehr.
Nur ein Teil dieser Patienten leidet unter einer „echten Grippe“. Doch auch deren Zahl steigt im Freistaat weiter an. 17 365 Influenza-Fälle – und damit 1250 mehr als noch im Vorjahr – meldete am Freitag das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) – über die gesamte Grippesaison gesehen. Nachdem die Zahl der Neuerkrankungen vor drei Wochen noch leicht gesunken war, stieg sie zuletzt wieder deutlich an. Allein in der vergangenen Woche kamen 4217 neue Fälle hinzu. Mindestens 26 Personen starben in der aktuellen Saison nachweislich an ei- Grippe-Infektion in Bayern, die Dunkelziffer ist mutmaßlich weitaus höher. Wie es weitergeht, das kann momentan keiner so genau sagen. Aber: „Der Gipfel der Grippewelle ist vermutlich erreicht“, erklärt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut.
Wer nur die statistischen Zahlen in Schwaben betrachtet, könnte auf die Idee kommen, dass Schwaben eine Insel der Gesundheit im Meer von Husten und Schnupfen ist: Die Verbreitung akuter Atemwegserkrankungen ist hier nur moderat erhöht, und nicht, wie beinahe im gesamten Rest Deutschlands, stark erhöht. Zudem sank die Zahl der In- fluenza-Fälle von 117 in Kalenderwoche sieben auf 50 in Kalenderwoche acht. Sowohl Glasmacher als auch ein Sprecher des LGL raten aber davon ab, daraus zu schließen, dass die Situation in Schwaben weniger akut ist als anderswo: Die niedrigen Zahlen könnten viele Gründe haben, beispielsweise die Diagnose einer Grippe als Erkältung oder eine derartige Überlastung der Praxen, dass nicht alle Fälle sofort gemeldet wurden.
Wie schwierig die Lage der Grippewelle derzeit auch hier in der Region ist, zeigt zudem der Fall Günzburg. Im dortigen Kreiskrankenhaus ist die Belegschaft extrem krankheitsgeschwächt. Der personelle Engpass ist zwar nicht mehr so eklatant wie vergangene Woche, als nur unabwendbare Operationen durchgeführt wurden. Der Normalner zustand ist aber laut Andreas Mugler, Direktor des Klinikmanagements, noch nicht wieder eingekehrt.
Wie lange die Grippewelle noch anhalten wird und ob der Gipfel wirklich schon erreicht ist, kann auch Dr. Uta-Maria Kastner, Leiterin des Gesundheitsamtes im Landkreis Dillingen, nicht prognostizieren: „Die Grippemeldungen sind anhaltend hoch. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Grippewelle mit diesen relativ hohen Erkrankungszahlen mindestens noch weitere zwei Wochen so bleiben wird.“Außerdem erklärt sie: Bayernweit hat es nochmals einen Anstieg der Erkrankungszahlen gegeben und es zeigt sich, dass die diesjährige Grippewelle in jedem Fall schwerer verläuft als die vergangenen fünf Jahre.
Damit die Situation nicht noch schlimmer wird, versucht Hausarzt Berger in seiner Praxis die Ansteckungsgefahr, trotz des vollen Wartezimmers, in Grenzen zu halten: Wer über typische Grippesymptome klagt, also zum Beispiel plötzlich auftretendes Fieber und starke Kopf- und Gliederschmerzen, den versucht Berger gleich von den anderen Patienten fernzuhalten. Außerdem sagt er: Erwachsene, die sich in einem guten Allgemeinzustand befinden, können eine Grippe auch gut zu Hause auskurieren – ohne gleich zum Arzt zu müssen.
Schwaben eine Insel der Gesunden?