Alles dreht sich ums Gretchen
Die Theatergruppe des Donauwörther Gymnasiums spielt eine Eigenproduktion, die auf Goethes Faust und auf dessen kabarettistischer Aufbereitung des Autors Lutz Hübner basiert
Donauwörth Mit einem interessanten und kurzweiligen Stück bestreitet die Theatergruppe des Gymnasiums Donauwörth heuer ihre Spielzeit: Basierend auf dem großen Klassiker „Faust I“von Johann Wolfgang von Goethe, hat der Autor Lutz Hübner sein Theaterkabarett „Gretchen 89 ff“geschaffen. Dieses Zwei-Personenstück wiederum hat die Theatergruppe unter Leitung von Katharina Bühler um einige Szenen erweitert und in eine Rahmenhandlung eingebettet, damit nun schlussendlich 22 Spieler in dieser Eigenproduktion auf der Bühne stehen können.
Die Truppe spielt vom 15. bis 17. März in der Aula der Schule. Beginn ist um 20 Uhr, ab 19 Uhr gibt es ein Einführungsgespräch, in dem Hintergründe zu Goethes Faust I und zum Entstehungsprozess des Stücks vermittelt werden.
„Es ist so schwül, so dumpfig hie/ Und eben doch so warm nicht draus/Es wird mir so, ich weiß nicht wie,/ich wollt, die Mutter käm nach Haus …“(Goethe, Faust I, Szene: Abend, (zweiter Auftritt Margarethes). – Dieser häufig lapidar als „Kästchenszene“bezeichnete Monolog Gretchens zählt nicht nur zum Inbegriff großer deutscher Literatur. An diesem Monolog müssen Oberstufenschüler auch seit Generationen ihre Analyse- und Interpretationsfähigkeit unter Beweis stellen. Margarethe betritt ihr kleines reinliches Zimmer, bemerkt intuitiv die diabolische Aura, die Mephistopheles hinterlassen hat, beginnt sich auszuziehen und singt dabei den „König von Thule“, ein Lied über Liebe und Treue bis in den Tod. Schließlich findet sie das von Mephisto und Faust zuvor versteckte Schmuckkästchen und endet mit den Worten: „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen.“
Diese wenigen Verse Goethes reichten dem Autor Lutz Hübner, um ein furioses Theaterkabarett zu schaffen, in dem die verschiedenen Typen von Schauspielern und Regisseuren aufeinandertreffen und ihre ureigene Sicht auf die Szene zeigen. Der Zuschauer erlebt, wie unterschiedlich die Szene ausgelegt und inszeniert werden kann, und erhält zudem einen Einblick in den nervenaufreibenden, kräftezehrenden, psychisch an die Substanz gehenden Probenalltag im Theaterbetrieb.
Das Stück „Gretchen 89 ff“, benannt nach der Druckseite der Szene des Gretchenmonologs in der kleinen gelben Reclam-Ausgabe, ist streng genommen eine Theaterprobe in Variationen und zugleich eine Liebeserklärung an das Theater. Dem Zuschauer wird beim Anblick der Probeanordnungen nicht selten ein weiteres Zitat aus Faust I in den Sinn kommen: „Es irrt der Mensch, solang’ er strebt“, aber mehr und mehr stellt sich bei ihm vielleicht auch die Erkenntnis ein, dass das „wahre Theater“eigentlich während der Proben stattfindet und der Zuschauer in der Regel um das Beste betrogen wird.
Lutz Hübner ist bekannt für sein umfangreiches und vielfältiges Stückerepertoire, er wurde 1998 für „Herz eines Boxers“mit dem Deutschen Jugendtheaterpreis ausgezeichnet. Stücke wie „Hotel Paraiso“, „Gretchen 89 ff“., „Ehrensache“, „Blütenträume“, „Geisterfahrer“oder „Frau Müller muss weg“machen Hübner seit Ende der 90erJahre zu einem der meistgespielten Gegenwartsdramatiker auf deutschen Bühnen.
Info Der Eintritt für die Aufführungen der Theatergruppe des Gymnasiums Donauwörth ist frei, es wird aber dringend um verbindliche Reservierung gebeten (0152/384045), damit die Aula des aus reichend bestuhlt werden kann.