Wenn’s am Kleingeld nicht fehlt
Auf der Kunstmesse Maastricht lässt es sich träumen, wie man sein Zuhause mit Kunst verschönern könnte. Mit einer Uhr, einem Schrank – oder einem berühmten Bild?
Maastricht Wer über die spektakuläre alljährliche Kunstmesse im holländischen Maastricht schlendert, der wird mit argen Extremen konfrontiert. Hier das Feinste vom Feinen der menschlichen Gestaltungskraft – vom Faustkeil über Edelwaffen, Brillies, Designermöbel bis zum musealen Spitzengemälde des 20. Jahrhunderts. Dort ein guter Schuss Dekadenz und die Spitze menschlichen Luxusgehabes. Auf dass der Kunstfreund auch bei Laune gehalten werde und hochpreisig zugreife auf diesem Schöner-WohnenMarktplatz mit fetten Teppichböden, aparten Blumengestecken, inszenierter Lichtführung, werden Häppchen gereicht, dazu Chardonnay und Pinot noir und später auch Schampus – all for free. Da bilden sich mitunter Trauben gieriger Gutbetuchter. Wer hat, dem wird dazu gegeben; über Geld spricht man nicht. Diesbezüglich gibt sich auch mancher Kunsthändler, manche Galeristin plötzlich verstockt oder erlässt, nach konkreten Zahlen hinter vorgehaltener Hand, ein Schweigegebot.
Woran wir uns, als ein der Öffentlichkeit verpflichtetes Medium, natürlich nicht halten werden. Also: Was würde in einem bayerischschwäbischen Haushalt gut aussehen und ihn putzen und schmücken? Gucken und überlegen wir mal! So eine Messe ist ja auch deswegen ein attraktives Gedankenspiel, weil wenigstens theoretisch die Möglichkeit zum Erwerb eines erstklassigen Objekts besteht, das sonst in aller Regel schon im Museum gebunkert ist.
Wobei deren Ankaufetats auch nicht mehr das sind, was sie mal waren. Und so bleibt wohl auch den Kunstsammlungen Augsburgs der Schnabel sauber bei einem Sensationsstück, das gleich am Messe-Eingang von der Pariser Kunstsammlung J. Kugel platziert ist, einem Platzhirsch hier in Maastricht. Immer hat er was Singuläres dabei, oft aus dem Herzen Bayerisch-Schwabens, aus der alten KunstzentrumsReichsstadt Augsburg. Diesmal eine astronomische Uhr, mehrere Etagen hoch, ein Wunderwerk um 1638, gebaut von den Meistern David I. Schwestermüller und Daniel Zech. Drei weibliche Figuren unterschiedlichen Lebensalters drehen sich an der Spitze als Memento mori einmal binnen einer Stunde; dazu, tiefer, ein Globus einmal in 24 Stunden und ein Mondmodell einmal in 29 Tagen. Zum Staunen! Das besaßen bislang nur Königs-, Adels- und Geldhäuser bis hin zu Bulgari. Jetzt nennen wir verbotenerweise den Preis, halten Sie sich fest: 7,5 Millionen Euro. Aber schön ist sie schon, die Uhr. Genauso wie in der Kunsthandlung Landau (Montreal) die in einer Sektschale ungeheuer leicht schwebende Wolke von Magritte (30 Millionen Dollars) und die „Schlafenden“von Picasso (35 Millionen Dollar) – um preislich nochmal was draufzusetzen.
Werden wir bescheidener. In Kaufbeuren entstand um 1560 in der Werkstatt von Hans Kels ein Kabinettschränkchen mit entzückenden Holzreliefs entblößter Damen mit ornamentalem Rankenwerk und filigranen Intarsien aus heimischen Hölzern. Im Angebot hat es der Münchner Kunsthändler Georg Laue, dem es binnen 25 Jahren gelang, mit WunderkammerObjekten einen regelrechten Kunstmarkt-Trend zu setzen. Was er zum Sammelkonzept erhob, machen ihm heute Galerien reihenweise nach, und Laue ist in die Leitung der Messe mit ihren Abstechern nach New York aufgestiegen. Das Kabinettschränkchen kostet 1,2 Millionen Euro, auch kein Pappenstiel.
Zurück nach Augsburg. Hier lebte einst das Ehepaar Schwarz. Er, Matthäus, war Chefbilanzbuchhalter im Hause Fugger, sie Barbara, seine Frau. Beide ließen sich porträtieren von Christoph Amberger, der auch für Karl V. arbeitete, und zwar – ganz außergewöhnlich – mit der Sternenkonstellation zu ihrer jeweiligen Geburt. Herr Schwarz ist, eben als Buchhalter Fuggers, gerade im Theater Augsburg in einem Luther-Drama zu erleben. Frau Schwarz hängt in Maastricht bei der Galerie Naumann (New York). Weichgezeichnetes Antlitz, Spitzenhemd, Silberschmuck. Was für übers Sofa. Letztes Jahr hat das Gemälde bei Sotheby’s knapp 790 000 britische Pfund erfordert, nun kostet es 1,85 Millionen Dollar. Satte Preissteigerung. Matthäus Schwarz gehört dem Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid. Kommt dieses als Käufer für Barbara in Frage?, will man von Naumann wissen. Damit das Paar wieder zusammenkommt? Naumann sagt: „Nein, die haben kein Interesse“– und erregt sich über die Spanier ganz allgemein.
Nun aber wirklich mal ’ne Nummer kleiner. Silberservices sind die Spezialität von Matzke (Grünwald). Auch diesmal ist wieder eine Spezialität im Angebot, etwas Singuläres aus Augsburg. Ein doppelarmiger Kerzenhalter, höhenverstellbar, von Johann Jakob Adam, 1752. Zuletzt war er, zu dem es kein bekanntes Vergleichsstück gibt, in der Sammlung Helmut Seling, dem ersten Spezialisten in Sachen Augsburger Silber mit so und so viel StandardPublikationen. Über die Kosten des Leuchters sollen wir schreiben: mittlerer fünfstelliger Betrag. Konkret heißt das 15000 Euro.
Ja, und was ist denn das? Hängt da doch bei Thomas (München) eben jener Max-Beckmann-„Löwenbändiger“
Konkretes erfährt man hinter vorgehaltener Hand
Aus der Frühzeit der Affäre Gurlitt
in Gouache und Pastell, der als erstes Bild diente, um die böse Affäre Gurlitt zu illustrieren. Die Sammlung selbst war ja unbekannt und 2012 beschlagnahmt; die Medien bedienten sich also eines Bildes, das Gurlitt schon vor der Beschlagnahme – und nach Einigung mit den Erben des früheren Bildbesitzers – hatte versteigern lassen. Beckmanns „Löwenbändiger“(1930) erbrachte 2011 im Auktionshaus Lempertz 864000 Euro, jetzt kostet er als Ikone deutscher NSAufarbeitung 3,8 Millionen Euro. Noch ’ne satte Preissteigerung. Kunst ist schön, aber teuer. Selfies die Nasen operieren lassen, weil sie die zu groß finden (und nicht bedenken, dass dies ein optischer Täuschungseffekt ist, weil auf Handyfotos die Nasen 30% größer wirken, als sie sind ...)?
Wie haltbar die neue Große Koalition in Berlin ist, wird sich erweisen. SPD-Mann Oppermann hat schon mal signalisiert: „Die Union muss sich auf einen robusten Koalitionspartner einstellen.“Wir erinnern an eine Passage aus einer
über Angela Merkels Stehvermögen: Diese Frau ist wie ihre Schuhe: robust, alltagstauglich, ohne Schnickschnack, breit aufgestellt, mit guter Bodenhaftung.
Eiche, irgendwie.