Serie schaurig mysteriöser Attentate
Mal ist es eine radioaktive Substanz im Tee, mal Gift im Abendessen. Spione und Politiker leben weltweit gefährlich. Es gibt viele Fälle. Drahtzieher sollen Regierungen anderer Länder sein
Augsburg Viele kennen seinen Namen und seine Missionen. Doch kennen nicht viele die wahre Geschichte hinter dem berühmtesten Agenten der Welt. Die Rede ist von James Bond. Autor Ian Fleming bediente sich unter anderem an dem real existierenden britischen Spion Sydney Reilly als Vorbild für seine Romanfigur. Dieser will 1918 auf eigene Faust den sowjetischen Staatsführer Lenin und andere führende Bolschewisten wie Leo Trotzki in Moskau töten. Doch es kommt anders. Der damalige russische Geheimdienst bekommt Wind von der Aktion und das Attentat muss abgebrochen werden. Besonders brisant an dem Fall: Der Chef des britischen Nachrichtendienstes gibt die Geschichte zu. Und heute, 100 Jahre später, fordert Großbritanniens Premierministerin Theresa May nach einem Mordanschlag auf einen ehemaligen russischen Spion in ihrem Land, eine Stellungnahme aus Moskau.
Schon kurz nach den ersten Informationen über das Attentat auf Sergei Skripal und dessen Tochter in Salisbury zog man Parallelen zum Tod von Alexander Litwinenko. Der Kreml-Kritiker und frühere Sowjet-Spion trinkt im November 2006 in einem Londoner Hotel einen Tee mit giftigem Inhalt: Polonium 210. Mit Atemnot, starken Bauschmerzen und heftigen Erbrechen kommt er ins Krankenhaus. Die radioaktive Substanz hat ihn verstrahlt. Das Bild vom abgemagerten und haarlosen Litwinenko ging um die Welt. Auf dem Sterbebett macht er Russlands Präsident Wladimir Putin für die Tat verantwortlich. Wenige Tage später ist er tot. Im Nachhinein wurde bekannt, dass er auch für den britischen Geheimdienst gearbeitet hatte. Russland wies jede Beteiligung zurück, bis heute fehlen klare Beweise. Trotzdem erreichte die Beziehung zwischen London und Moskau einen Tiefpunkt. Erst 2010 näherten sich beide Länder wieder an.
Am Leben, aber bis heute schwer gezeichnet, ist der frühere ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko. Nach einem Abendessen 2004 zeigt der damalige Führer der russlandkritischen Opposition Anzeichen einer Dioxin-Vergiftung. Die Folge: Sein Gesicht quillt durch das Gift auf. Juschtschenko vermutet, dass Moskau hinter dem Anschlag steckt. Mehrere der mutmaßlichen aus der Ukraine stammenden Täter erhalten die russische Staatsbürgerschaft und sind so sicher vor weiteren Ermittlungen.
Auf der anderen Seite der Welt ereignete sich vergangenes Jahr ein mysteriöses Attentat. Ein Mann steht am Flughafen von Kuala Lumpur, sein Blick ist auf die Anzeigetafel gerichtet. Da tritt eine Frau von hinten an ihn heran und reibt ihm etwas ins Gesicht. Überrascht von der Tat, spricht er das FlughafenPersonal an und wird in einen Aufenthaltsraum gebracht. Minuten später ist er tot. In Gesicht, Gehirn, Lunge, Leber und Milz finden sich Spuren des Nervengifts VX. Die Vereinten Nationen stufen den Stoff als Massenvernichtungsmittel ein. Der Tote entpuppt sich als Halbbruder des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un. Kurz nach der Tat werden zwei Frauen verhaftet. Der Verdacht fällt auf Pjöngjang. Der in Nordkorea in Ungnade gefallene Halbbruder des Diktators galt als Playboy, lebte außerhalb des kommunistischen Landes. Das Gerichtsverfahren gegen die zwei vermeintlichen Attentäterinnen läuft noch in Malaysia. Aus Sorge vor einem Mordversuch tragen sie stets schusssichere Westen. Scharfschützen sichern das Gericht.
Schon früher sollen nordkoreanische Agenten im Ausland getötet haben. 1984 erschießt ein Spion zwei Männer in Seoul. Mit einem Revolver bewaffnet, stürmt er in ein Restaurant und tötet den Besitzer und einen Angestellten. Als ihn Passanten auf der Flucht stoppen wollen, schluckt der Agent Gift und stirbt.
Im jüngsten Thriller in Großbritannien war auch Gift im Spiel. Noch ist unklar, welcher Stoff verwendet wurde. Die Chancen, dass der ehemalige Agent Sergei Skripal das Attentat überleben wird, gelten als gering. Auch vor 100 Jahren endet der geplante Mordanschlag auf Lenin und Trotzki mit einem Toten. Der britische Agent Sydney Reilly, das Vorbild für James Bond, wird in Abwesenheit von einem sowjetischen Gericht zum Tode verurteilt und 1925 in Russland erschossen.