Doppelpleite in Kiel und Kielce
Ein schwarzer Tag für den Handball
Kiel Als wäre alles nicht ohnehin schon schlimm genug, gab es auch noch Häme. Die Schritte fielen Andy Schmid sowieso schwer, als er sich auf den Weg in Richtung der Kabine machte. Mit dem Kapitän der Rhein-Neckar Löwen trotteten die Kollegen vom Feld, als der Hallensprecher die Stimme anhob. „Die Löwen haben hier nur ein Tor mehr geschossen als in Kielce“, frohlockte der Mann mit dem Mikrofon. Die Zuschauer johlten und einer von ihnen sagte wenig später am Bierstand: „Ich glaube, die haben zwei Mal die zweite Mannschaft geschickt.“Ein absurder Tag in der Geschichte des Handballs war noch nicht vorbei, aber für den Tabellenführer der Bundesliga schon gelaufen. „Das war ein Scheißtag für uns, ein Scheißtag für den Verein und ein Scheißtag für den Handball“, fasste Schmid die Gesamteindrücke nach dem 22:27 der Löwen-Profis später zusammen. Zur Pause lagen sie beim THW Kiel bereits aussichtslos 9:17 zurück, was Quervergleiche mit der eigenen zweiten Mannschaft zuließ, die unmittelbar zuvor im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim polnischen Meister Kielce nach einem 8:21 nach 30 Minuten mit 17:41 verloren hatte.
Ein Terminstreit zwischen der Handball-Bundesliga (HBL) und dem europäischen Verband (EHF) hatte darin gegipfelt, dass die Löwen an einem Tag zwei wichtige Spiele bestreiten mussten. Weil es dem Klub aus Mannheim an magischen Kräften mangelt, mussten sich die Klub-Verantwortlichen entscheiden: Die beste Mannschaft reiste nach Kiel, das Reserveteam aus der 3. Liga nach Kielce. Die Champions-League-Ambitionen legten die Badener notgedrungen ab und in der Liga gab es einen bitteren Rückschlag. „Wir sind jetzt die kompletten Idioten“, sagte Schmid mit Blick auf die eigene Leistung in Kiel, aber im Grunde steht dieser Satz sinnbildlich für die gesamte Sportart. Die leidet unter einem Machtkampf zwischen der EHF und der HBL, bei dem es um die Frage geht, wer wichtiger für die Fortentwicklung der eigenen Sportart ist. Beide Verbände sind davon überzeugt, die Lokomotive des Handballs zu sein.