Wenn ein paar Prozent fehlen
Dass der Chiemgau zu den schönsten Gegenden Bayerns gehört, weiß jeder, der schon mal von der Kampenwand hinuntergeschaut hat auf den See und die Wahnsinnslandschaft drum herum. Und die Menschen dort sind so, wie sie halt sind: gern grantig, aber trotzdem meistens gutmütig. Durchaus schlitzohrig, aber nur selten hinterfotzig. Traditionsbewusst, aber in aller Regel nicht von gestern.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Steiner, 64, aus Übersee am Chiemsee kann als Chiemgauer Urgestein gelten – egal ob an der Basstrommel in der Blaskapelle oder auf seinem Hinterbankerl im Landtag. Er weiß, wie es den Bauern geht, den Wirten, den Metzgern und den Schnapsbrennern. Dass Markus Söder ihn bei der Regierungsbildung nicht zum Beauftragten der Staatsregierung für Obstbrände und Räucherfleisch ernannt hat, gilt in der CSU-Landtagsfraktion als erstes eklatantes Versäumnis des neuen Ministerpräsidenten.
Schließlich plagt der Wegfall des Branntweinmonopols die Schnapsbrenner im ganzen Bayernland und mit dem Steiner Klaus hätte die Fraktion einen ausgewiesenen Experten in den eigenen Reihen gehabt. Im Jahr 2016 hat er zur Klausurtagung nach Wildbad Kreuth sogar einen selbst gebrannten „Herzkammer-Geist“mitgebracht und sein Räucherfleisch ist so aromatisch, dass er es vor seinen Kollegen verstecken muss, wenn er mal ein Rankerl dabei hat im Landtag.
Tagelang wurde in der Fraktion, die sich als „Herzkammer“der CSU sieht, hin- und herdiskutiert, warum der neue Ministerpräsident den Abgeordneten Steiner nicht zum Beauftragten gemacht hat. Auf einen Beauftragten mehr oder weniger wär’s angesichts der Aufstockung ihrer Zahl in der neuen Regierung auch nicht mehr angekommen.
Schließlich fand sich der tiefere Grund: Steiners „HerzkammerGeist“hat nur 43 Prozent. Und das ist Söder im Jahr der Landtagswahl zu wenig.